Es ging am Flusslauf des Azusa entlang aber ohne Kappa-Sichtung. Dann fielen uns die Bären Warnschilder auf und jeder Asiate hatte ein Bärenglöckchen am Rucksack.
Nachdem wir den Flusslauf passiert hatten, schlugen wir uns in die Berge. Tony hatte extra nach einer Empfehlung im Information Center gefragt. Ich weiß jetzt nicht genau, ob es ein sprachliches Problem war, unterschiedliche Vorstellungen vom Hike oder Tony hatte mir die Wahrheit verschwiegen. Die Dame meinte wohl, es gibt eine kurze Passage über Schnee. Tony meinte zu mir, wenn wir Glück haben sehen wir vielleicht noch etwas Schnee.
Wir sind nach einem steilen Anstieg durch den Wald und ein Gletschergeröllfeld bei kaiserlichem Wetter circa eine halbe Stunde in Sneaker durch ein Schneefeld mit weiteren 100 Höhenmetern „geschlittert“…
Andere waren wieder hochalpin mit Wanderstock und Bergschuh ausgestattet. Doch auch wir haben es zur Hütte geschafft.
Vorteil auf 2200müN: Das Gipfelbier im Rucksack wird nicht warm und auch unser Sushi war frostig bei den 5 Grad Außentemperatur. Ich zog alles an was ich mit hatte und dann traten wir den Rückweg an. Wo sind die Skier wenn man sie braucht?
Nach 24km Wanderung und mehreren hunderten Höhenmetern hatten wir uns heute den Onsenbesuch verdient – Regeneration und Muskelentspannung und wir probierten das private Outdoor-Onsen aus (was die ursprüngliche Variante ist).
So entspannt waren wir bereit für die nächste Stadt – Kanazawa. Da sie im Krieg nicht zerstört wurde gab es hier eine tolle Altstadt zu entdecken mit vielen kleinen Teehäusern und einem Samurai-Bezirk. Unser Gasthausvater begrüßte uns mit den Worten “Kommt ihr aus einem Onsen-Dorf? Man riecht es!” Ups, hatten wir es doch ein bisschen übertrieben in der leicht schwefeligen Termalquelle?
Aber natürlich starteten wir die Erkundung mit dem Besuch auf dem Fischmarkt (Omicho Market) – Fisch und Seafood in sämtlichen Varianten und wir konnten unseren ersten Seeigel probieren – sieht schon wild aus, war aber erschreckend lecker.
Vorbei ging es an der alten Burg umgeben von einer schönen Parkanlage und dann durch das Geishaviertel. Hier entdeckten wir leider noch keine Geisha. Doch wir wurden am Abend von einer spontanen (zumindest für uns spontan ;-)) Tanzaufführung in den Gassen überrascht.
Am nächsten Tag starten wir in das ehemalige Samurai-Viertel (Nagamachi). Hier gab es restaurierte Samurai Villen zu erkunden.
Da musste ich mich doch fragen, was eigentlich der Unterschied zwischen Samurai und Ninja ist – beides japanische Krieger, aber der Samurai hoch angesehen und agierte in Einzelkämpfen. Der Ninja hatte einen niedrigen Rang und war eher der Spion und Attentäter.
Wir versuchen uns in der Ninja-Kampftechnik und warfen ein paar Ninjasterne… Ähm, was soll ich sagen… eine Gefahr geht nicht von uns aus 😉
Danach besuchten wir den „Ninja-Tempel“. Ich hatte von geheimen Falltüren und unterirdischen Fluchtwegen gelesen und dachte, dass wir jetzt unsere Ninja Skills verbessern können.
Es stellte sich als buddhistischer Tempel heraus ;-), nächste Überraschung die Führung war nur auf japanisch. Nur weil wir jetzt auf japanisch “Prost”, “Hallo” und “Danke” sagen können, sind wir noch lange nicht bereit für einen japanischen Guide. Aber man drückte uns schnell eine bebilderte Mappe auf deutsch in die Hand und los ging es.
Der Tempel war auch Unterschlupf für politisch Verfolgte und Samurai beschützten hier ihren Herren. Architektonisch sieht der Tempel von außen nur dreistöckig aus, aber durch geheime Zwischenebenen ist er eigentlich siebenstöckig. Durch verschiebbare Wände eröffneten sich Geheimgänge, Falltüren und Tunnel, die zur Burg führten.
Am nächsten Tag ging es weiter in die „alte“ Hauptstadt – Kyoto, auch Stadt der eintausend Tempel und Schreine genannt. Keine Sorge ich habe Tony nicht zu allen geschleppt, aber die wichtigsten mussten schon sein.
Wir nutzten den sonnigen Nachmittag für den Kiyomizu-dera Tempel. Er wurde im Jahr 778 an der Stelle einer Quelle gebaut und bedeutet übersetzt „reines Wasser“. Von der Terrasse, die auf 13m hohen Zypressenholz-Pfeilern steht, hatten wir einen tollen Blick über die Stadt.
An der Quelle mussten wir auch einen Stopp machen – hier ergießen sich drei Rinnsale jeder mit einer Bedeutung (Gesundheit, Langlebigkeit und Erfolg), man kann mit einer Schöpfkelle sich waschen und dann einen Schluck trinken, jedoch darf man nur von zweien trinken, wer von allen dreien trinkt, gilt als gierig und nichts geht in Erfüllung.
Danach schlenderten wir durch die Altstadt, denn auch Kyoto ist weitestgehend von Zerstörung verschont geblieben. Eigentlich stand Kyoto im Zweiten Weltkrieg recht weit oben auf der Liste der Städte zum Atombombenabwurf, jedoch hatte der US-Kriegsminister Stimson, der seine Flitterwochen hier verbrachte, Kyoto von der Liste streichen lassen, weil es ihm so gut gefallen hatte.
Eigentlich wollten wir noch kurz den Abend auf einer Rooftop Bar ausklingen lassen und dann zurück ins Hotel, aus einem Cocktail wurden zwei…
Als wir dann weiter durch die Gassen streiften, sah ich, dass ich ein Restaurant in der Nähe markiert hatte (aber natürlich nicht mehr wusste, warum ;-)) Neugierig schauten wir durchs Fenster und sahen die Gäste mit einem Folien-Lätzchen an der Bar sitzen und es brutzelte überall.
Eigentlich waren wir auch satt, aber durch die Cocktails waren wir mutig geworden und trauten uns in das Innereien Restaurant. Auf sämtliche Fragen antworteten wir „hai“ (japanisch für JA) und los ging es.
Herz, Zunge, Nacken, Bäckchen, Pansen, Innereien (wurde nicht weiter spezifiziert oder wir haben es nicht verstanden). Man merkte direkt wie sich die Koronararterien verengten, denn das ausgetretene Fett wurde aufgefangen um darin die Udon Nudeln zu schwenken.
Fazit: Es war gut, dass wir uns etwas Mut angetrunken hatten. Es hat schon irgendwie geschmeckt, aber eher so „once in a lifetime“.
Am nächsten Tag schliefen wir aus und erkundeten dann den Markt, jedoch noch ohne Hunger. Wir fanden aber einen Stäbchenladen, der die Namen eingraviert. Wir waren, glaube ich, eine Stunde im Laden, weil wir uns nicht entscheiden konnten (Tony ist der Meinung, dass nur ich mich nicht entscheiden konnte), welche Stäbchen es nun für uns werden sollten…
Haben wir (okay ich) die Alarmanlage am Palast in Kyoto ausgelöst?! Vielleicht…. Ist es ein schönes Bild geworden? Vielleicht….Durfte ich trotzdem hinein? Ja 😉
Wäre ich der Kaiser von Japan, wäre ich in Kyoto wohnen geblieben, dieser Palast gefiel uns besser (und wie gesagt sehr gutes Sicherheitskonzept), aber so werden hier nur noch Staatsempfänge und die Krönungszeremonie durchgeführt.
Unser eigentliches Tages-Highlight sollte der „Fushimi Inari-Taisha Schrein – Schrein der 1000 roten Tore“ sein. Immer überfüllt, sodass wir erst zu 17 Uhr unser Glück wagten. Abseits der üblichen Touristenwege führen die Torii auf den heiligen Berg Inari (233m über Kyoto) und hier trauen sich nur noch die zähen Reisenden rauf.
Der Schrein wurde im Jahre 794 zu Ehren des Reis-Gottes Inari gegründet, als der damalige Kaiser die Stadt Kyoto als neue Hauptstadt festlegte. Auf dem Gelände des Schreins befinden sich viele Fuchsstatuen, Boten des Reis-Gottes.
Am nächsten Tag drängte ich Tony zum Besuch des Bambuswaldes in Arashiyama, ein bekanntes Ausflugsziel von Kyoto. Wir (also ich) wollte am frühen Morgen da sein, da es dann noch nicht so voll und überlaufen ist. Das haben wir geschafft, aber wir fanden es total overhyped, denn man läuft ungefähr 100m durch ja sehr hohen Bambus und alle Jungs machen von ihren Mädels gestellte Bilder für Insta – viele sogar mit Requisiten.
Ich lockte ihn dann noch in den Otaki Nenbutsuji Tempel etwas den Berg lang hoch, denn hier warteten circa 1200 Stein-Statuen auf uns, jeder mit einem anderen Gesichtsausdruck bis hin zu Grimassen.
Zur Vollständigkeit und um Tony endgültig in den Tempel-Burnout zu treiben, stoppten wir am Goldenen Tempel – Kinkaku-ji.
Und am Abend gab es mal wieder eine Suppe. Es wird Zeit über die unterschiedlichen japanischen Nudeln zu sprechen. Im letzten Blog hatte ich die Soba-Nudel aus Buchweizen getestet und erwähnt. Doch neben den allseits bekannten Ramen (haben ihren Ursprung im Kaiserreich China und wurden im 19. Jahrhundert in die japanische Küche übernommen). Ramen sind aus Weizenmehl, Salz, Wasser und Kansui (alkalisches Wasser), der einen hohen Anteil Kaliumcarbonat, Natriumkarbonat und Spuren von Phosphorsäure hat, dies verleiht den Nudeln ihre spezielle gelbliche Farbe. Doch heute gab es Udon-Nudeln – unsere neue Lieblings-japanische-Nudel. Besteht aus Weizenmehl, hat eine weiche und elastische Konsistenz und ist die dickste der japanischen Nudeln
Ich mag besonders die Kitsune Udon (“Fuchs-Udon”) nein nicht was ihr denkt, dass sind heiße Udon in Brühe mit frittiertem Tofu und die Legende besagt, dass Füchse (Kitsune) sehr gern frittierten Tofu äßen – betrifft wohl eher den buddhistischen Fuchs.
Heute ging es mit dem ersten Shinkansen nach Hiroshima (circa 355km in 1:40h). Und so waren wir morgens um 9 Uhr bereits da, legten unsere Rucksäcke im Hotel ab und starteten direkt mit dem Friedenspark – ehemals blühendes politisches Handelsviertel einer bis zum 6. August 1945 verschonten Stadt.
Im Friedensmuseum wurde die Geschichte des Atombombenabwurfs und die schrecklichen Folgen mit Bildern und Überbleibseln sehr eindrucksvoll dargestellt.
Auf dem Gelände findet sich auch noch der A-Bomb Dome. Über dieser ehemaligen Industriekammer explodierte in 600m Höhe die erste als Waffe eingesetzte Atombombe der Geschichte. Da die Druckwelle fast direkt von oben kam, haben einige Wände und die Kuppel die Explosion überstanden und sind heute ein weiteres Mahnmal für den Frieden.
Wichtig fanden wir, dass hier nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch der Hoffnung geschaffen wurde und es ermahnt jeden aus der Geschichte zu lernen und sich für eine friedliche und atomwaffenfreie Zukunft einzusetzen.
Hiroshima hat aber noch mehr zu bieten, es ist eine bunte und moderne Stadt. Wir erkundeten die Burg und den Shukkeien Garten. Wir fanden den Park besser als den in Kanazawa und das lag nicht nur daran, dass man hier Koi-Karpfen füttern kann.
Am nächsten Tag machten wir uns auf zur heiligen Insel – Miyajima. Bekannt ist sie für das im Wasser schwebende, rote Torii vor dem Itsukushima Schrein.
Aber wir wären nicht wir, wenn wir uns nur mit diesem Schrein zufrieden gegeben hätten – der heilige Berg Mt. Nisen 520müN wurde unsere Morgenaktivität.
Wir hatten den Weg etwas unterschätzt und nur 150ml Wasser (für uns beide, aber wir hatten wenigstens einen Sneaker an und keine Schläppchen) und dann gab es am Gipfel nicht einmal etwas zu trinken, nur diese tolle Aussicht.
Bergab wählten wir den Omoto-Weg und waren wieder hochmotiviert, dass es nun nur noch bergab geht. Fuck, es gab noch einen Zweit-Gipfel, dort schleppten wir uns auch noch hoch und wurden mit einem einsamen Blick auf Hiroshima belohnt.
Wir waren so dehydriert und durstig, dass als wir den kleinen Bachlauf sahen, direkt Flusswasser tranken.
Wir waren an der „Tränke“ nicht allein, sondern entdeckten noch eine Gruppe von Rehen.
Ob wir den Weg zurück in die Zivilisation gefunden haben, oder mit den heiligen Rehen von Miyajima in den Wäldern leben, lest ihr im nächsten Blog.
Eure Tierflüsterer
Tony&Juli