Ich blieb ungewohnt ruhig und ahnte, dass sich eine Qualle um mich gewickelt hatte. Ich versuchte vorsichtig den Quallenfaden von meinem Gesicht und Hals zu nehmen. Tony (aufmerksam wie immer) bemerkte, dass etwas nicht stimmt, doch helfen konnte mir keiner. Mein Versuch war den Quallenfaden möglichst weit weg von mir “auszusetzen”. Es brennte immer noch. Falls jemand fragt, nein ich habe nicht daraufgepullert.
Der Tauchgang war aber sehr schön und wir haben viel gesehen, aber es reichte nun erst einmal mit Unterwasser es ging in die Berge – in die Usambara-Berge. Sicher kommt euch da direkt das Usambara Veilchen in den Sinn?! Genau das hat hier seinen Ursprung, aber wusstet ihr, dass das Usambara Veilchen überhaupt kein Veilchen ist, sondern der Namensteil “Veilchen” bezieht sich auf die Farbe violett, also veilchenfarbene, mit der Gattung Veilchen (Viola) hat es nichts zu tun.
Wir schlugen unser Nachtlager an der Kliffkante in Irente auf. Der Ausblick ist toll, aber man muss ausblenden, dass es eher der Parkplatz hinter dem Hotel ist.
Ich hatte recherchiert, dass man unbedingt eine Wanderung mit Chamäleon-Joseph machen muss, er spottet die Tiere aus größter Entfernung. Über WhatsApp hatte ich uns eine Wanderung für den nächsten Tag organisiert und er erwartete uns im Hotel. Doch dann der Schock, er habe keine Zeit (er “musste” die Wanderung mit einer deutschen Paulschalreisegruppe machen), aber er versprach mir seinen besten Mann – Chamäleon-Pascal. Wir wurden einander vorgestellt und wir waren verunsichert – ist er der Chamäleon-Mann, weil er so gut die Tiere spotted oder ähm, weil, also wie sage ich das jetzt, weil er eher eine Augenstellung wie ein Chamäleon hatte….🫣
Die Wanderung war für 6-7h ausgemacht und wir sollten ja nicht im Dorf irgendwas probieren, da Joseph sich um die Wasserqualität und unseren Magen-Darm-Trakt sorgte. Die Wanderung begann (wir ausgerüstet mit Verpflegung, Wanderschuh, Jäckchen für die Höhe) zu einem Viewpoint mit einer kleinen Kletterei.
Dann hatten wir scheinbar eine andere Vorstellung von Hike durch die Berge und den Urwald. Es ging eher durch das Dorf. Es wirkte, dass Chamäleon-Pascal alle kannte und mit jeden einen kleinen Plausch hielt. Wir fanden auch “im Dorf” drei Chamäleons, die wirklich schwer zu sehen waren, aber da uns klar war, dass es hier nicht mehr anstrengend wird, wollten wir das berüchtigte Zuckerrohrbier probieren. Pascal zögerte erst und und dann gingen wir in einen komplett unscheinbares Haus (also kein Schild “Bar” oder sowas). Dort wurden wir hingesetzt und eine stämmige Dame ging hinter die selbst-gezimmerte “Theke” und füllte eine alte Schnapsflasche mit dem Zuckerrohrbier ab und kam mit zwei Gläsern an den Tisch. Dann fühlte sich einen Becher und exte ihn, wir waren verunsichert, doch das war wohl der Qualitätscheck, dann durften wir.
Es war irgendwie lecker und so verdonnerten wir Pascal dazu mit uns eine kleine “Kneipentour” zu machen. Doch am letzten Viewpoint gönnten wir unserem Magen ein “Kilimandscharo-Bier”.
Mir sagte es auf dem nächtlichen Parkplatz nicht zu, sodass wir noch unser Nachtlager wechselten zur Irente Farm – Campsite inmitten vom Urwald an einer Farm (wo es….haltet euch fest….richtigen Käse gibt). Also wurde mit der Übernachtung auch noch 500g Gauda mit Rosmarin gekauft. Vielleicht wurde dieser auch direkt verkostet, vielleicht muss erneut Käse gekauft werden… Wir lasen auch von dem guten Restaurant und mit Blick über die Berge gab es ein leckeres Dinner in toller Gesellschaft – ein deutscher pensionierter Sonderschulepädagoge, der hier eine Schule unterstützt. Könnt ihr euch vorstellen 1 Lehrer für 120 Kinder, keine Unterrichtsmaterialen, keine Lehrpläne, kein Spiele (er hat von nur unvollständigen Puzzeln gesprochen).
Vor dem Dinner hatten wir mit einem Mitarbeiter/Lokal mögliche Routen zur Weiterreise besprochen:
- 1h Asphaltstraße zum Highway und dann nach Moshi
- 3h Gravel durch die Berge und dann bereits weiter westlich auf den Highway, aber super steil
Natürlich könnt ihr euch vorstellen für was sich mein vernünftiger materialschonender Reisebegleiter entschieden hat. Wir kamen recht gut durch die Berge und man hatte tolle Ausblicke, danach ging es steil bergab, trotzdem versuchten wir in einer Serpentine zu frühstücken – mit 20° Neigung gar nicht mal so einfach. Wir hatten von einer weiteren Alternativroute abseits des Highway gelesen und wollten es versuchen. So tat sich Route 3. auf – nachdem wir >3h gebraucht hatten die Usambaraberge zu verlassen, ging es jetzt offroad nach Moshi. Momente wo man an der Route hätte zweifeln können: 1. Ein Toyota Hilux lag mitten auf der Straße auf dem Dach (gerade passiert), 2. Herren an der Security-Kontrolle on the road waren irritiert warum wir „da entlang“ wollten.
Ab einem gewissen Punkt ist umkehren nicht mehr sinnvoll (und mit Adam auch nie eine Option), doch als der Weg ein Wanderweg war, allenfalls für einen Motorrad passierbar ist, hinterfragt man die Routenentscheidung.
Long Story short -> spontan 10h offroad für 150 km, aber gerade noch zum Sunset in Moshi angekommen.
Ostafrika ist für seinen Kaffee bekannt und ich war motiviert einen Kaffee hier zu kosten….vielleicht sogar irgendwann zu mögen?! Da wir keine halben Sachen machen – Kaffee Tour gebucht und den Besuch der Chagga Tunnel (da das Internet die letzten Tage so schlecht war, konnte ich nicht herausfinden, was das für Tunnel sind, wir gingen von Lavatunnel aus). Doch zügig stellte sich heraus, dass die Chagga ein afrikanischer Stamm sind, die die Hänge der Kilimandscharo bewohnen.
Als die Chagga dann von den Maasai (afrikanische Kriegerstamm aus der umliegenden Steppe) angegriffen wurden, gruben sie diese Tunnel um sich dort zu verstecken. Sie nahmen auch ihre Kühe und Ziegen mit in die Tunnel, damit die Tiere keine Geräusche machten, die sie verraten, wurden sie mit salziger Asche gefüttert, dadurch trinken sie viel und mit vollen Magen muhen sie nicht.
Auch gab es Belüftungslöcher, diese wurden zu Tarnung an der Oberfläche mit giftigen Pflanzen begrünt, damit die Massai diese nicht zufällig pflücken und das Lüftungsloch entdecken. Es gab auch Verteidigungsnischen, hier war ein Chagga mit einem „Schädelspalter“ platziert um eindringende Massai „niederzustrecken“.
Danach konnten wir uns noch eine traditionelles Chagga Hütte anschauen. Auf der einen Seite waren die Tiere untergebracht, auf der anderen Seite hatte der Mann und die Frau mit den Kinder ihre Betten. In der Mitte wurde gekocht und dadurch die Blätterhütte getrocknet und ausgeräuchert, dass sich keine Insekten einnisteten.
Dann war endlich Zeit um alles über Kaffee zu lernen. Hier in Ostafrika wird der Arabica angebaut (also zwei Samen/Bohnen in der Frucht, im Gegensatz ist bei der Kaffee Robusta nur ein Samen in der Frucht).
Unser erster Stopp war also die buschartige Pflanze und wir pflückten reife rötlichen Kaffeefrüchte. Im nächsten Schritt wurden die Früchte in einer Art Mühle geworfen und raus kamen die Samen ohne das Fruchtfleisch. Dann werden die Samen in der Sonne getrocknet (okay diesen Schritt haben wir aus Zeitgründen übersprungen). Im nächsten Schnitt wurden die getrockneten Bohnen in einen (natürlich handbetriebenen) Mörser geworfen um die dünne Haut zu entfernen und da musste jeder mal ran. Die Mädels brachten uns noch die typischen „Arbeitslieder“ bei, so solle die doch erschwerliche Arbeit leichter fallen. Ich glaube nicht, dass unser Gesang oder schiefes Klatschen irgendwas erleichterte. Im Vierten Schnitt musste die dünne Samenhaut entfernt werden, dazu wurden alles in eine Schale umgefüllt und dann durch geschicktes Hochwerfen erledigte der Wind die Arbeit.
Dann ging es an die Röstung in einem gußeisernen Topf unter ständigem Rühren und es begann sich ein selbst für mich angenehmer Duft zu verbreiten. Im sechsten Schritt ging alles zurück in den Mörser ein weiteres Lied wurde angestimmt und dann gestößelt bis feines Kaffeepulver entstanden war. Über dem Feuer kochte bereits das Wasser und dann wurde das Kaffeepulver aufgekocht.
Fertig war ein unheimlich toller Kaffee, den ich nur um einem halben Löffel Milchpulver und braunem Zucker erweiterte und nun haltet euch fest, ich habe sogar eine zweite Tasse getrunken.
Wir kauften dann noch ein Kilo frisch gerösteten Kaffee und da werde ich zuhause vielleicht auch noch einmal eine Tasse probieren, bin mir jedoch noch unsicher, ob Tony den genauso gut aufkocht und das richtige Lied anstimmt.
Unnützes Wissen zur Entstehung des Kaffegetränkes: (Tony meint, dass wisse doch „jeder“, ich wusste es nicht!)
Der Ursprung des Kaffeegetränkes soll in Äthiopien liegen, da habe ein Hirte bemerkt, dass wenn seine Ziegen die Blätter und Samen dieses immergrünen Strauches fressen sind sie unruhig und können nicht schlafen. Man wollte sich dies zu nutze machen und versuchte aus den Blättern einen Tee zu kochen, doch alles war ungenießbar. Vor Wut und Resignation warf er alles ins Feuer. Kurz danach verbreitete sich ein angenehmer Geruch und er nahm seine „Experimente“ wieder auf und bemerkte, dass die Bohnen erst geröstet werden müssen um ein wohlschmeckendes Getränk zu erzeugen.
Nach so viel Aktivität mussten wir uns erst einmal erholen und stoppten in den Maji Moto Hotsprings.
Also gleich zu Beginn es handelt sich nicht um Hot Springs – es ist einfach eine wunderschöne Quelle mitten in der Steppe. Wir genossen das Schwimmen unter den schattenspendenden Palmen und Tony nutzte die Fische für eine Pediküre.
Wir waren schon die letzten Tage unentschlossen, wo die weitere Route langführen soll. Ich hatte bereits erklärt, dass die Nationalparks hier in Tansania für Overlander sehr teuer sind. Selbst um nur am Ngorongoro vorbeizufahren um in die Serengeti zu kommen müssten wir 200$ bezahlen (in den Krater dann weitere 300$ pro Tag). Dazu hörten wir von anderen, dass die Serengeti gerade mega schlechte Wellblechpisten hat und wenn man mal einen Löwen sieht, dann stehen da direkt 20 Safariautos.
Wir entschieden uns gegen Serengeti und Ngorongoro (da wir da ja auch schon mal waren), aber wollten einen Stopp im Tarangire Nationalpark einlegen. Wird er von Safariunternehmen oft vom engen Zeitplan gestrichen und so erhofften wir uns mehr Einsamkeit.
Wir hatten noch nicht einmal geparkt, da hörten wir schon zweimal „Die Berliner sind da!“ bzw. „Bist du den ganzen Weg aus Berlin gefahren?!“. Wir wollten initial ein Trinkspiel daraus machen und bei jedem Safariauto etwas trinken, aber da hätten wir es nicht einmal bis hinter das Gate geschafft, so tranken wir nur bei „Bist du den ganzen Weg aus Berlin gekommen?“.
Wenn man die Safariautos wegdenkt, dann bietet Tarangire auf 2600km2 alles was man sich wünscht – Akazienwälder, endlos scheinende Weite und Flusslauf mit weiten Sandbänken. Wir folgten dem Flusslauf und wurden schnell mit mehreren Elefantenherden belohnt.
Für den Sundowner wählten wir noch einen Platz im Riverbed und dann kamen wir wieder pünktlich auf die letzte Minute im Camp an. Unser Nachtlager war die Public Campsite, die wir uns mit einer Familie Mangusten teilten, die sich über meinen Bio-Müll freuten.
Die Nacht war kurz. Leider wurden wir nur einmal durch Löwengebrüll in der Ferne geweckt (was immer toll ist), nein auch die Batterie vom Camp-Kühlschrank!!! begann zu piepen. Ich war nur beruhigt, dass es nicht unsere Batterie ist, die hier diese nervigen Töne macht, aber „Platzwart“ Adam, ließ es auch nachts um 3 Uhr keine Ruhe und er machte sich auf die Suche nach der Batterie. Er fand sie schnell, doch konnte das Problem nicht lösen. Der dazugeeilte Nachtranger war auch hilflos. Tony kam zurück zum Auto und verlangte nach der Werkzeugtasche „Ich klemme da jetzt alles ab!“. Ich verbat ihm fremde Batteriesysteme im Nationalpark nachts um 4 Uhr abzuklemmen und so legte er sich mit seinen Noise-channelling Kopfhörern ins Bett.
Am Morgen wurden wir dann mit einer großen Gnu- und Zebraherde am Wasserloch belohnt. Die Stimmung bei Platzwart Adam besserte sich.
Im Tarangire gibt es einen Bereich, der auch „kleine Serengeti“ genannt wird und denk erkundeten wir als „kleinen“ Ersatz und hatten riesige Elefantenherden nur für uns.
Zwei Löwen haben wir auch im Tarangire gefunden, jedoch nur weit entfernt, sodass wir keine Bilder gemacht haben. Weitere Katzen gab es leider auch nicht.
Da die Nacht sehr kurz war, beschlossen wir einen entspannten Nachmittag in der Migombani Campsite über dem Lake Manyara zu verbringen. ToYo stand mit Blick über den See und wir chillten im Pool.
Doch Platzwart Adam kam nicht zur Ruhe. Waren wir sonst gewohnt, die einzigen auf einer Campsite zu sein, kamen doch nun wirklich noch andere – keine Overlander im eigenen Auto, aber Dachzelt-Reisende.
Vielleicht merkt ihr, dass Tansania für Overlander anstrengend ist und wir waren etwas genervt, sodass wir spontan entschieden eher nach Kenia über die Grenze zu gehen – neues Land neues Glück?!
Meine Recherche zum Grenzübergang nach Kenia war nicht so ergiebig bzw. las ich unterschiedliche „Beträge“ und „Abläufe“. Mit einem etwas mulmigen Gefühl ging es zur Grenze. Seit Januar 2024 brauch man kein Visum für Kenia muss nur eine Reisegenehmigung online bis 72h vor Einreise beantragen. Da wir wieder sehr planlos waren, hatten wir dies nicht, da wir unseren Einreisetag nicht wussten.
Meine Online Recherche hatte ergeben, einerseits, dass man mit dem Ostafrika-Visum (haben wir) einreisen kann, bzw. diese Reisegenehmigung auch an der Grenze machen kann.
Für ToYo hatten wir ebenfalls unterschiedliche Angaben zur Road Tax (Preis, Gültigkeit Zahlungsoptionen).
Das gute ist, dass es eine One-Stop-Border ist. Also Stoppuhr 11:25 los – nur 2 „Agenten“ boten ihre Dienste an, zwei Border Security Officer wollten eher Interesse halber in ToYo gucken.
Erste Warteschlange bereits vor dem Gebäude – Gelbfieberimpfung vorzeigen, dann Temperatur messen, dann warten.
Ausstempeln Tansania problemlos ohne Smalltalk, ausstempeln ToYo problemlos.
Anstellen „Entry Kenya“, einige wurden vom Schalter zurückgeschickt und sollten ihre Online Reisegenehmigung noch ausdrucken – mist wir haben nicht einmal eine Reisegenehmigung?!
Ob wir es nach Kenia geschafft haben, oder für immer im Grenzhüttchen leben – erfahrt ihr im nächsten Blog.
Eure Grenzgänger
Tony&Juli