Way back – Estland Lettland Litauen Polen

Wir haben es trocken in unsere dritte Woche des Covid-Roadtrips geschafft. Die Freude war umso größer als auch das Auto noch an seinem Platz stand (Wiese 2€ für 24h wirkten rückblickend vielleicht doch nicht ganz sooo vertrauensvoll). Dann stoppten wir kurz am Markt und deckten uns mit Pilzen – normalen Waldpilzen – ein. Unser Ziel war der Lahemaa Nationalpark -72.500 Hektar und 1971 als erster Nationalpark der Sowjetunion gegründet. 

Hätte auch noch mehr was vertragen

Wir machten eine Wanderung durch das größte Moor, trafen aber leider nicht auf die all bekannten Moorhühner. 

Trockene Füße dank Bretterweg

Hier gibt es auch Braunbären und ich las von einem Bären Trail. Dieser weckte unser Interesse. Wir waren mal wieder ganz allein und das Gelände eher dicht. Ich dachte mir, wenn man hier einen Bären sieht, ist er aber schon echt nah dran. Bei jedem Rascheln zuckten wir zusammen. Dann fanden wir das…

Luchs oder Babybär?

Wir sind uns unsicher ob es ein Babybär war oder ein Luchs, den gibt es hier nämlich auch.

Er hätte nicht einmal diesen Luchs ohne mich gesehen

Ich hätte auch verstanden, wenn der Bär es auf uns abgesehen hätte, wir deckten unseren gesamten Vitaminbedarf mit seinen Heidelbeeren, die hier wirklich überall wachsen und so lecker sind.

Auf dem Bärenweg

Dann schlugen wir das Zelt auf und die Tony Cuisine hatte geöffnet, nachdem Schnippelgehilfin Juli alles vorbereitet hatte.

Da hat er wieder gut gekocht

So gestärkt ging es zum Sunset an den Strand und wir nutzen die Gelegenheit für ein letztes Bad in der Ostsee.

Social Distancing

Am nächsten Tag ging es nach Tartu. Hier war unser erster Stop das KGB Museum. 

Bedrückendes Gefühl in KGB Zelle

Auch wieder so etwas, was man sich nur schwer vorstellen kann, mitten in der Altstadt, das KGB Gefängnis in einem Hauskeller – Zellen 0,8m² Brot nur alle drei Tage, kaltes Wasser und Schlafentzug als Folter.

Das Wetterglück hatte uns verlassen und es regnete. Haben wir beim ersten Regenschauer das Zelt im Kofferraum gelassen? Vielleicht🤪 

Wir fanden ein nettes Spa Hotel und nach einer Stärkung im Burgkeller, ließen wir den Abend im Spa ausklingen.

Im Burgkeller, aber Fisch mit Blumenkohlschäummchen

Weil wir jetzt den Nordeuropäer in uns entdeckt hatten, ging es sogar vor dem Frühstück in die Sauna und dann kamen sie wieder die Esten und schwangen die Aufgusskeule.

So konnte die Stadt erkundet werden – und es gab einiges zu sehen. 

Viel zu entdecken

Am bekanntesten ist Tartu für die küssenden Studenten.

Küssende Studenten vor der Town Hall

Dann ging es zu den Ruinen der Kathedrale. Fortschrittlich fanden wir hier, dass die Überreste der Kathedrale erweitert wurden im Zuge der Aufklärung sind sie der Universitätsbibliothek angeschlossen wurden.

Ruinen der Kathedrale

Wir verließen Estland und unser nächstes Ziel war der Gauja Nationalpark in Lettland. Hier gab es ein Sandsteinkliff zu erkunden.

Ein Junge kletterte in den Felsen und ich wusste, Tony würde es auch versuchen wollen, da hing er schon am Stein.

Da ging es noch gut

Er kam nicht weiter, in diesen Augenblick, rief der Junge ihm zu, dass es recht gefährlich ist. Tony versuchte cool zu tun, aber er rutschte ab, fiel runter, rollte über den Strand und landete fast im Wasser – da wird wohl jemand alt. Nachdem er sich den Sand aus den Haaren geklopft hatte, feierte er sich, wie elegant er doch seinen Absturz mit einer Rolle rückwärts abgefangen hatte um von seinem Scheitern abzulenken 🤪

Unser Zelt fand seinen Platz erneut am See. Da die Großwetterlage für den nächsten Tag bis Mittag Trockenheit versprach, klingelte der Wecker zeitig und wir waren die ersten und lange die einzigen zur Drei-Schlösser-Wanderung.

Castle-Hike-Castle-Hike-Castle-Hike

Dann fehlten uns 20min und wir hätten ein trockenes Zelt abbauen können, doch es gab einen Wolkenbruch. Wir saßen den Regen in Bar aus und nahmen einen Snack am Zelt zu uns und sahen ihm beim Trocknen zu.

Spiegelei auf Toast als Trocknungssnack

Ich fand einen Sowjet Bunker in der Nähe Öffnungszeiten 15-16:30! Wir kamen pünktlich am Standort laut Google, doch wir standen in einem Altersheim?! Die Dame am Empfang hat gleichzeitig auch die Ticket für den Bunker verkauft, aber es sollte 15Uhr eine Tour in Englisch geben. Man wurde ständig vertröstet, dass es gleich los geht. So war also der Sozialismus? Auf alles musste man warten! Dann ging es mit halbstündiger Verspätung los. Die Dame, die der Guide war, hatte verschlafen, weil sie in ihrem eigentlichen Job eine Nachtschicht hatte, ich war ganz bei ihr🤪

Selfie mit Lenin

Es ging 9m unter die Erde. 1968 wurde der lettische Wunsch eines Bunker in Moskau geäußert, 1982 war er fertig, dauerte einfach alles ein bisschen länger, doch dafür gab es überall russische Motivationssprüche. 

Man durfte alles anfallen

Der Bunker war für 250 Personen ausgelegt, aber an Betten wurde nicht gedacht. Eine Matratze auf dem Boden musste reichen. In der Kantine konnte auch nur Wasser gekocht werden, aber Bier hätte bei Knappheit binnen einer Stunde eingeflogen werden können. Langsam verstehe ich das glaube mit dem Sozialismus.

Die Nähe zu Riga und die Alternative im nassen Zelt zu schlafen, lockten uns erneut in die Stadt und es war wieder zauberhaft.

Wir wurden wieder schwach

Am nächsten Morgen starteten wir nach Litauen, hier stoppten wir bei dem Hill of Crosses. 

Von groß bis ganz klein alles dabei

Initial ein katholischer Wallfahrtsort, erlangte er aber während der sowjetischen Besatzung die Stellung eines politischen Symbols gegen die kommunistische Herrschaft.

So so viele Kreuze

Es wurde mehrmals versucht die Kreuze mit Bulldozern platt zu machen, doch am nächsten Morgen standen die Kreuze wieder an Ort und Stelle.

Auf unserem Weg in den Aukštaitija Nationalpark in Litauen verspürten wir Hunger und kehrten ein. Plötzlich waren wir in einer Sakotis-Bäckerei (am ehesten mit unserem Baumkuchen zu vergleichen) gelandet.

Es war dann auch sehr lecker

Wir hörten interessiert den Vortrag auf litauisch zu und kosteten dann fleißig und spülten es mit dem selbstgebrauten Kwass (aus Brotteig, soll gut für die Haare sein).

Unser Zelt schlugen wir direkt am See auf und waren wie es sich gehört für Social distancing allein.

Wieder ganz allein

Am Morgen als sich der Nebel aufgelöst hatte, sprangen wir auf die SUP’s und erkundeten den Nationalpark. Es war so erschreckend still, man hörte nur vereinzelt einen Graureiher starten.

SUPen am Morgen

Ich wollte wegen schwindender Kraft nach 1,5h umdrehen, doch Tony meinte einen Hafen auf der Karte entdeckt zu haben und lockte uns dahin unter den Vorwand, vielleicht gibt es da einen Snack! 

Hafen?!

Es stellte sich als kleiner Holzsteg mit einem Angler heraus, der uns auch äußerst überrascht und irritiert anguckte. Zum Glück hatte ich das Notfall Cider in den Drybag geworfen. So revitalisiert paddelten wir zurück.

Ein bisschen fertig

Das wir natürlich sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg Gegenwind hatten, versteht sich wohl von selbst. Die letzten Meter musste ich hockend meistern um den Wind weniger Angriffsfläche zu bieten – man kennt mein breites Kreuz 🤪

Dann lockte Hauptstadt 4 von 5 und wir rollten nach Vilnius. Leider gab es rezidivierende Regenschauer, deswegen bot sich nur eine vernünftige Option – Kneipenhopping, mit Street Art aufgepeppt. 

Gab es einiges zu finden

Am nächsten Morgen, bei besserem Wetter, ging es zur Walking Tour und hier sogar mit Maske! Im Vergleich zu ihren Nachbar Hauptstädten stand Vilnius nie unter dem Deutschen Orden, sondern war eine baltische Gründung.

Schöne Altstadt

Vilnius galt stets als eine der liberalsten Städte Europas, die im Lauf ihrer Geschichte den verfolgten Juden Mitteleuropas Schutz bot, dies änderte sich im 2. Weltkrieg. 

Ehemalige Ghetto in Vilnius

Und so ging es in das ehemalige Ghetto, hier erinnern Bilder von Bewohnern und jüdische Straßennamen an das Geschehene.

Danach folgte etwas fröhlicheres – Republik Užupis – Autonomes Viertel mit Präsidenten (tagt in der Bar), Währung (nur Bier ist damit erhältlich) und eine eigene Verfassung. Hier ein paar Auszüge um die Idee von Užupis zu verstehen.

  • Jeder Mensch hat das Recht, einzigartig zu sein.
  • Jeder Mensch hat das Recht, zu faulenzen oder nichts zu tun. 
  • Jeder Mensch hat das Recht, manchmal nicht zu wissen, ob er Verpflichtungen hat. 🤪
Jesus – der erste Backpacker

Am nächsten Tag ging es zur Wasserburg in Trakai, der einstigen Hauptstadt des Landes. 

Wasserburg von Traikai

Nun hatten wir aber wirklich genug von Burgen und Ruinen und wir verließen Litauen Richtung Polen. Hier suchten wir uns einen letzten Campingplatz, die ersten drei gefielen uns nicht und dann landeten wir direkt am See zwischen polnischen Dauercampern. 

Letzter Campstop

Die waren auch sichtlich irritiert über internationalen Besuch, dass wir direkt auf den Campingstuhl ans Feuer mussten und Rede und Antwort standen – teils mit Google Translate, teils mit den Englischkenntnissen der 9-jährigen Tochter und teils versteht man polnisch🤪 oder es war das polnische Bier?

Am nächsten Morgen bauten wir das Zelt im Regen ab, das erste Mal während dieser Reise und total unnötig – Warschau wartete auf uns bzw. erst einmal ging es in unser Hostel.

Kapsel Hostel – man bucht zwei Einzelzimmer

Es war viel organisierter als in Danzig, am Eingang tauschte man seine Schuhe gegen Schläppchen, man kam nur mit einem Chip in den Kapselraum (60 Kapseln) und das Rollo ging mit einer Fernbedienung auf. Für 15€ die Nacht und  in einer unschlagbaren Lage in der Innenstadt! 

Doch dann starteten wir die Walking Tour „Warschau im Krieg“.

Warschauer Ghetto Grenze

Wir liefen durch die Straßen an unterschiedlichen Gedenkstätten vorbei, sahen den Kanaldeckel, an dem über 5000 Aufständige es raus geschafft haben, hörten persönliche Geschichten vom Ausstand, liefen an der Ghetto Mauer entlang und begriffen, dass Nazi Deutschland hier 90% der Stadt zerstört hatte.

Kriegsdenkmal

Danach schlenderten wir noch etwas nachdenklich durch die Altstadt und realisierten, dass es alles nur Nachbildungen sind. 

„Old“ Town

Wir wollten uns mit etwas Kultur aufmuntern und entschieden uns spontan für ein Chopin Konzert in ganz kleiner Runde, an dem Ort wo Chopin lebte, studierte und seine ersten Werke schrieb.

Chopin Denkmal in Warschau

PS: Ich glaube wir sind jetzt offiziell alt – Samstagabend Chopin 😳

Es war traumhaft schöne Musik, aber wir beide waren doch eher begeistert über die neuronale Leistung des menschlichen Gehirns beim Klavierspielen 🧠. Chopin ist da definitiv nur etwas für Fortgeschrittene.

Dann stand das Hauptstadt-Fine Dining auf dem Programm. Traditionen müssen eingehalten werden egal wie jung sie sind.

Tartar gibt es hier aber auch oft – September wird Detox Monat

Mokotowska 69 – der Michelin Guide und wir haben nur lobende Worte – moderne polnische Cuisine.

Den verregneten Sonntag überstanden wir im Museum des polnischen Widerstandes. Eine ganz beeindruckende Aufarbeitung des Aufstandes und drei Stunden vergingen wie im Flug.

Maske und Handschuhe im
Museum

Mit einer Ganzkörperkamera wurde die Temperatur gemessen, Maske sowieso, aber auch Handschuhe. Tony jammerte bereits nach 5min, dass seine Hände schwitzen – sowas von nicht arzttauglich! 

Den Tag ließen wir mit all den Eindrücken in der Altstadt ausklingen und schliefen ein weiteres Mal in unserer Kapsel. Am frühen Morgen starteten wir den Weg nach Berlin.

Resümee

Kilometer mit Auto: 5195

Verfahrene Benzin: 355 Liter

Kilometer per pedes: 363

Handdesinfektionen: unzählig viele 

Temperaturmessungen: 3 

Kontrollen Ausweis oder wohin wir wollen: 0

Unser Covid-Roadtrip hat uns eine offene, moderne und geschichtsreiche Ecke von Europa gezeigt. Die ansteigenden Zahlen fordern aktuell eine Quarantäne für deutsche Staatsbürger, aber wenn wir Covid überstanden haben, müsst ihr hier auch mal herkommen.

Ich befürchte wir lesen uns erst wieder 2021. 

Die Juli 

Ein Kommentar zu “Way back – Estland Lettland Litauen Polen

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