Unterwegs mit Pferd und Snowmobile – Island

In der zweiten Woche führte uns unsere Route wieder in das Landesinnere. Es ging nach Mývatn, übersetzt bedeutet es Mückensee, doch von uns wollten sie zum Glück nichts. Das ganze Gebiet ist auch heute noch vulkanisch aktiv, da die Grenze zwischen der Eurasischen und der Amerikanischen Kontinentalplatte hier verläuft. Der See entstand bei einem Vulkanausbruch vor 3500 Jahren.

Auf Entensuche – Mývatn

Unsere Entenbeobachtung war nicht von großem Erfolg gekrönt, sodass wir uns den Lavaformationen zuwandten. Wir durchwanderten das Dimmuborgir Gebiet und waren den Trollen wieder ganz nah gekommen.

In der Trollhöhle – Dimmuborgir

Die Gegend entstand vor etwa 2000 Jahren, als bei einem Vulkanausbruch Lava über ein Sumpfgebiet floss. An der Lauffront der Lava kühlte das Gestein ab und bildetet einen Damm, hinter dem sich ein kochender Lavasee aufstaute. An der Oberfläche des Sees bildete sich eine feste Kruste, während das unter der Lava eingeschlossene Wasser des Sumpfgebietes verdampfte. Der Dampf suchte sich einen Weg nach oben und entlang der Aufstiegswege erstarrte die Lava ebenfalls. Es bildeten sich Kamine und Mauern aus erstarrter Lava, die von flüssigem Gestein umgeben waren. Schließlich brach der Lavadamm und das noch flüssige Gestein konnte abfließen, während die bereits erstarrten Kamine und Wände zurückblieben.

Danach ging es zu der heißen Quelle von Grjótagjá.

John Snow Sex Höhle – Grjótagjá

Der aufmerksame Game of Thrones Fan wird dieses Örtchen bekannt vorkommen. So wie John Snow wollten auch wir in dieser Höhle baden. Doch der Vulkan in der Nähe hatte etwas dagegen, wegen gestiegener Aktivität war die Wassertemperatur auf über 46°C angestiegen. Wagemutige Asiaten hielten ihre Füße ins Wasser und hatten bereits nach wenigen Sekunden Verbrennung Grad I.

Da uns hier die geothermale Energie einen Strich durch unsere Badepläne macht, wollten wir mehr darüber erfahren und besuchten das Geothermalkraftwerk von Krafla.

Krafla Geothermalkraftwerk – Kröflustöð

Scheinbar qualifizierten wir uns mit Interesse und umfassenden technischen Fragen zum Besuch der Turbinenhalle. Doch da der Schock – keine Siemensturbine sondern Mitsubishi! Tony hat eine Visitenkarte da gelassen.

Danach wollten wir eigentlich nur einen kleinen Abstecher zu einem Aussichtspunkt machen. Daraus wurde eine drei Stunden Wanderung mit einer kleinen Vulkanbesteigung, in der Tony wieder in irgendwelche Löcher klettern musste und ich suchte mit dem Handy schon einmal nach Netz, falls wir verschüttet wurden wären. Zu eurer Beruhigung: Es gab da weit und breit kein Handynetz.

Mondlandschaft – Krafla

Unsere geschundenen Körper wollten wir dann in der „Blauen Lagune“ des Nordens regenerieren. Es handelt sich um mineralienreiches Wasser aus einem Bohrloch des Kraftwerkes, welches in eine kleine Senke geleitet wird. Das Wasser im rund 5.000m² großen Badesee hat ganzjährig eine Temperatur von 38°C bis 40°C.

Lagune – Myvatn

Nach gut drei Stunden und mit Blick auf die sinkende Außentemperatur (7°C) verließen wir gegen 22:30 im Sonnenschein die Lagune.

Da es sich noch nicht so spät anfühlte, wie auch wenn es seit unserer Ankunft auf der Insel nie dunkel war, fuhren wir noch zu DEM Wasserfall – der Dettifoss, in absolutes Must-See in Island. So beschlossen wir antizyklisch zu reisen um keine Touristen auf unseren Bildern zu haben. Ich kann den Dettifoss um Mitternacht nur empfehlen, denn man hat ihn für sich. Aber auch das Wetter ist wie immer ein entscheidender Faktor. Mit Mitternachtssonne wäre es sicher noch schöner gewesen als im einsetzenden Nieselregen 🙁

Wir bemerkten, dass wir zeitlich gut unterwegs waren und ließen die Ringstraße des Öfteren hinter uns. So fuhren wir auch bis zum nördlichsten Punkt. Hier wehte uns der arktische Wind ziemlich um die Nase. Wir wagten trotzdem einen keinen Walk zum Leuchtturm. Der Weg zog sich und wir wurden recht schnell von den Bewohnern bemerkt. Sie zeigten uns schnell, dass wir nicht willkommen sind. Wir waren ins Wohnzimmer der Küstenschwalbe gestolpert, wir hatten bereits beobachtet, wie diese 30cm großen Vögel Schaffamilien angreifen und verjagen. Doch es kam noch viel schlimmer. Die gemeine Küstenschwalbe spähte mich aus, positionierte sich zum Angriff und es geschah. Ich wurde zweimal schwer am Kopf angegriffen.

Ich rettete mich in den Eingang des Leuchtturms und erholte mich von der Attacke.

Leuchtturm ganz im Norden – Hraunhafnartangi

Um kein Angst vor Tieren zu entwickeln ging es am nächsten Morgen auf den Pferdehof in Husey. Hier warteten bereits gesattelt Nikolaus und Tor auf uns. Wir machten einen Ausritt mit einem Islandpferd im typischen Töltgang. Also ich mit meinem Nikolaus zu mindestens. Scheinbar wurde Tony fehlendes Pferde- und Reitgeschick angesehen, sodass man ihm kein Töltpferd zutraute 😉 Aber Schritt ist für die Anfänger in der Runde auch okay.

Islandpferde-Ausritt – Husey

Unnützes Islandpferd-Wissen:
Der Tölt ist eine vererbbare Gangart, die sehr angenehm ist, weil sie nicht so wackelt. Im Gegensatz zu Trab und Galopp hat Tölt keine Schwebephase, sondern ist eine gelaufene Gangart. Das zuständige Gen (DMRT3-Gen) liegt auf Chromosom 23. Ausgrabungen haben gezeigt, dass die Wikinger 870 diese Pferde von ihren Raubzügen aus England mitbrachten. Auf der Insel angekommen, erkannten die Wikinger offenbar schnell den Vorteil der Gangpferde und begannen, gezielt mit ihnen zu züchten. Der sanfte Gang war vermutlich besonders gut geeignet, um im unwegsamen Gelände Islands größere Strecken zurückzulegen.

Unser wilder Ritt ging über weite Wiesen und an einem Lachsfluss vorbei an dem sich in der Sonne die ein oder andere Robbenfamilie ausruhte. Nach drei Stunden konnte ich mich nur schwer von Nikolaus trennen, aber wir mussten ja weiter.

Juli und Nicolaus – Husey

Aus dem Landesinneren ging es dann zurück an die Ostküste. Hier kehrten wir in das kleine Städtchen Djupivogur ein. Hier versuchten wir uns wieder im Camping Kochen und wir zauberten uns Nudeln mit Pesto.
Nach einem Morgen-Walk an der Küste entlang, jedoch mit gesundem Abstand zur Küstenschwalbe, verließen wir das Städtchen zügig als ein Kreuzfahrschiff entladen wurde und unzählige Senioren die Straßen blockierten.

Auf dem Weg hatte ich in meiner geheimen Hot Pool Karte noch einen kleinen Vermerk gemacht und so schlüpften wir in den Bikini und zogen los.

Relaxen im Hot Pool – Djúpivogur

Mit großem Erfolg wie man sieht. Eine Wanne mitten im Nirgendwo mit Blick auf den Fjord.

Die Straße führte uns danach an beeindruckenden Küstenformationen und schwarzen Stränden vorbei.

Schwarzer Kieselstrand – Hvalnes

Eine alte Wikinger-Weisheit besagt, esse mindestens jeden zweiten Tag Fisch und die Trolle und Feen sind dir gütig. So traf es sich, dass wir in die Stadt Höfn einfuhren, welche bekannt für ihre Langusten ist. Wir wollten den Zorn der Trolle nicht auf uns ziehen und aßen brav Meeresbewohner.

Edles Dinner mit Lachs und Langusten – Höfn

Den Abend ließen wir, wie konnte es anders sein in einem Hot Pool und mit Bier in der Sonne ausklingen.

Mal wieder im Hot Pool mit Viking Bier – On the road

Der nächste Tag stand unter dem Motto – EIS! Unser Morgen-Walk führte uns zum …. Gletscher einem Außengletscher des Vatnajökull. Er ist der größte Gletscher Islands und zudem außerhalb des Polargebiets auch der größte Europas.
Wir hatten in der Touristeninformation (ja ich weiß, das ist schon sehr touristisch, doch hier konnte man Internet schnorren) erfragt, wo man am nächsten an den Gletscher kommt und der Herr empfahl uns diese Stelle mit den Worten hier kommt ihr bis auf 100-200m ans Eis. Wir liefen los und nach einer Weile fanden wir im Lavaschotter irgendwie keine Wegmarkierungen mehr und plötzlich standen wir am bzw. auf dem Eis. Hatten wir doch scheinbar aus Versehen den Weg verlassen 😉

Dem Gletscher ganz nah – Vatnajökull

Wir konnten es nicht lassen und klettern in den Gletscherspalten und auch unter dem Eis rum. Jaaaa, wir wissen, dass ist vielleicht etwas gefährlich gewesen.

Unterm Gletscher – Vatnajökull

Ich muss noch einen Gletscher Fakt los werden um sich die Größe vielleicht ansatzweise vorstellen zu können.
Momentan ist so viel Wasser im Vatnajökull gespeichert, dass Ölfusá, Islands Fluss mit dem größten Wasservolumen, über 200 Jahre brauchen würde, um diese Wassermenge ins Meer zu transportieren. Ist das nicht Wahnsinn?!

Da eigentliche Highlight des Tages stand uns jedoch noch bevor, wir hatten eine Snowmobile Tour auf dem Vatnajökull gebucht.

Auf dem Gletscher mit dem Schlitten – Vatnajökull

Es ging mit einem Super-Jeep auf den Gletscher und dann auf die 80 PS starken Gefährte. Kurze Einweisung – Daumengas rechts, roter Not-Stopp-Knopf und los ging es. Es machte riesig Spaß, leider spielte das Wetter nicht so mit und wir hatten leider keinen Talblick.

Die Ringstraße führte dann über eine Brücke des in das Meer mündenen Jökulsárlón. Hier treiben Eisberge ins Meer.

Gletscherlagune – Jökulsárlón

Wir waren von den unterschiedlichen Farben der Eisberge beeindruckt und fanden heraus, dass das Blau von stark komprimierten Gletschereiskristallen und deren Reflexion her rührt, das Schwarz von vulkanischer Asche.

Blaues Eis in der Gletscherlagune – Jökulsárlón

Den Abend ließen wir in einem kleinen Campingplatz ausklingen, um die Reisekasse zu schonen gab es nur Brot mit Käse zu essen. Ich habe nicht verstanden, was Tony gegen täglichen Fischkonsum hat?!

Der obligatorische Morgen-Walk führte uns in den Skaftafell-Nationalpark zu dem Wasserfall, der es wohl in jeden Islandkalender geschafft hat.

Basaltsäulen und fallendes Wasser – Svartifoss

Mit der nächsten Information wusste ich lange nicht, ob mich Tony beeindruckt oder ob ich es eher schockierend finden sollte. Er meinte, dass er zu dem Flugzeug-Wrack möchte auf dem Justin Bieber rumgeklettert ist. Ist Tony also heimlicher Bieber-Fan?

Wir stellten unser Auto ab und folgten einem Weg scheinbar ins Nirgendwo führte. Ein Informationsschild gab es auch nicht. Nach ca. 500m fragten wir uns entgegenkommende Touristen, ob dass der Weg zum Wrack ist. Die ernüchternde Antwort war: „Yes, only about three more kilometers“. Musste ich also knapp 7km nach 21 Uhr zu einem Flugzeugwrack laufen, weil mein Freund ein Bieber-Fan ist?!

Flugzeugwrack – On the road

Irgendwie war es ja cool, aber auf dem Rückweg erwischte uns ein böser schräg ins Gesicht regnender Nieselschauer. Aber so ist das in Island halt.

Unser Nachtlager schlugen wir mit Blick auf den Skógafoss auf. Die Kausalitätskette des vermehrten Harndranges lässt sich rückblickend nicht mehr sicher eruieren, ob von der nächtlichen Wasserfallakustik oder dem durchgeführten Beer-Tasting 😉

Zelten am Wasserfall – Skógafoss

Der nächste Morgen hatte es dann wieder gut mit uns gemeint und am Seljalandsfoss schien uns die Sonne ins Gesicht.

Hinterm Wasserfall – Seljalandsfoss

Ich freute mich schon auf das Abendessen, denn es hieß wieder Fisch.

Butter und Knoblauch machen alles besser – Fjöruborðið

Knoblauch und Butter machen eine sehr gute Languste noch besser. Wir haben uns sogar Brot nachbestellt um die Butter auch ordentlich aufzudippen. Nach diesem reichlichen Mahl musste ein Abendspaziergang her.

Hot Water River – Hveragerði

Wir liefen den Hot River beim Hveragerði flussaufwärts. Im Rucksack hatten wir den Badeschlüppi und Rum. Nach einer guten Stunde (bergauf) hatten wir es geschafft. Vorbei an brodelnden Quellen fanden wir eine angenehme Stelle mit knapp 40°C.

Hot Water River bei Mitternachtssonne – Hveragerði

Gegen Mitternacht und so aufgeweichter Haut, dass uns unser Handy schon nicht mehr erkannt hat, waren wir gegen halb zwei die letzten die in ihr Zelt fielen. Aber man glaubt garnicht, wieviele Menschen auf so einem Zeltplatz schnarchen.

Am nächsten Morgen wollten wir noch in einen Lavatunnel klettern. Die Schilder am Eingang mit Lebensgefahr wecken bei uns (eher Tony) erst Interesse. Da ich ja immer hoffe, dass nur einer verschüttet wird und der andere Hilfe holen kann, bin ich also mit.

Abstieg in den Lavatunnel – Arnaker

Wir haben auch aus Fehlern letzter Höhlenabenteuer gelernt und waren mit mehr als nur dem Handylicht ausgestattet. Ja, Mama – Safty First!

Lavatunnel – Arnaker

Der Ausdruck Höhle weckt jedoch falsche Vorstellungen. Es war eher ein maximal 1m hoher Gang mit scheinbar poröser Decke. Es lagen nämlich quadratmetergroße Deckenplatten auf dem Boden, die einfach so abgestürzt waren. Klar kann man mutmaßen, dass durch die geringe Fallhöhe ein Überleben möglich wäre, doch ich wollte diesem Experiment der Energieabsorption des menschlichen Kopfes nicht nachgehen.

Lavatropfen – Arnaker

Helm ist nämlich uncool!

In unserer letzten Nacht, zeigte sich Island von der besten Seite.

Camping im Sonnenschein – Mosfellsbær

Und so starteten wir auch sonnig in unsere letzte Wanderung. Es ging zum Glymur Wasserfall.

Nette Aussicht – Glymur

Der Aufstieg beinhaltete eine kleine Flussquerung (circa 3m), Kletterabschnitte und grandiose Aussichten. Glücklich am Ziel angekommen freue ich mich immer, dass ich ja jetzt weiß, dass der Rückweg bekannt ist und es nicht mehr schlimmer werden kann. Doch Tony kommt dann mit diesem blöden Spruch „ach eine Runde laufen ist doch immer schöner als den selben Weg zurück“.

So kam es zu einer spontanen 25 Meter Flussquerung oberhalb des Wasserfalls und wir reden hier nicht mehr vom Hot River, sondern Cold Glacier River.

Flussquerung durchs Bergwasser oberhalb vom Wasserfall – Glymur

Tony ließ mich mit den letzten Worten: „Wenn du fällst, halte dich zeitnah an einem Stein fest, dass du nicht den Wasserfall runterstürzt…“ vorn weg laufen. Weiß ja auch jeder, dass ich die von uns beiden bin, die den sicheren Umgang mit Wasser beherrscht 😉

Ohne Verluste und trocken erreichten wir dann Reykjavik. Hier genossen wir die Sonne, einen letztes White Ale und unseren letzte Fisch direkt am Hafen.

Fazit Island

Island ist auf jeden Fall eine Reise wert, auch wenn wir keine Feen gefunden haben, sind wir bezaubt von dem Land.
Wie kann es auch anders sein: auf 335000 Einwohner kommen 4.000.000 Puffins, 460.000 Schafe, 350.000 Wale, 80.000 Pferde und unzählige unvergessliche Aussichten.

Ich denke wir sollten uns das alles nochmal im Winter anschauen.

Bis dahin aus dem sommerlichen Island

Juli

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.