Unsere Rucksäcke fühlten sich schon ziemlich vernachlässigt, so höre ich mich noch sagen: „Komm, lass uns doch mal ein Floß in Schweden bauen!“. So folgte aus der Idee die zügige Umsetzung und wir saßen am 15. Juni im Flieger nach Göteborg!
In Göteborg fanden wir Unterschlupf bei unserer Freundin Katha aus Deutschland.Wir erkundeten die Stadt mit öffentlichen Leihrädern, die man an jeder Ecke bekam. Unser erstes Ziel sollte die sogenannte „Fischkirche“ sein, eine Markthalle inspiriert von gotischen Kirchen. Wohin man sah – frischer Fisch. Wir deckten uns mit Shrimps, Krabbenfleisch und Variationen vom Lachs ein und machten ein schwedisches Frühstück.
So gestärkt und mit Tonys neu entdeckter Liebe zum Radfahren ging es einige der vielen Bergchen hoch.
Am Abend hatten wir dann im Himmel zwei Plätze für uns reserviert.
Hier soll es Göteborgs bestes Shrimpbrød geben. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und probierten es.
Es war sehr sehr lecker und eine tolle Sicht über Göteborg gab es dazu – Naja die hatten wir ja auch irgendwie mitbezahlt!
Am nächsten Tag ging es mit der Fähre auf die Schäreninsel Brännös.
Entstanden sind die Schären nach der Eiszeit. Mit dem Abtauen der Eismassen tauchten, die vom Gewicht des Eises befreiten, Gesteinsmassen in Form von vielen kleinen Inseln erst in den letzten 10.000 Jahren aus dem Meer auf.
Dort angekommen, ließ uns ein Schild mit der Aufschrift „Utkiken“ einen Aussichtspunkt erahnen und wir wurden mit einer tollen Aussicht über die Schären belohnt!
Den Abend ließen wir ganz gemütlich mit Katha bei einem leckeren Essen und einem Besuch im schwedischen Pub ausklingen.
Nach diesem netten Zwischenstopp ging es am nächsten Tag in Richtung unseres eigentlichen Ziels zum Floßbau. Mit dem Zug fuhren wir über Karlsstad und dann mit dem Bus weiter nach Gunnerud. Ich konnte meinen Ohren kaum glauben es lief tatsächlich ABBA im Bus. Unsere gute erwartungsvolle Laune wurde aber leider von dem sich zügig bewegenden Scheibenwischer etwas getrübt. Doch als wir vor Ort unsere Ausrüstung bekommen hatten, hatte auch das Wetter ein wenig Mitleid mit uns, sodass wir das Zelt nur auf der klitschnassen Wiese aufstellen mussten.
18 Uhr hieß es dann Baubesprechung und Flusskunde. Danach ging es zu den Trockenübungen über. Wir wurden in die Geheimnisse des Floßbauens eingeweiht und diese bestanden nicht aus komplizierten Knoten, sondern Loops. Man legt einfach immer nur Schlaufen um die Stämme um nicht immer das ganze Seil durchziehen zu müssen. Ich denke, dass ich dieses neue Talent direkt in meinen Lebenslauf aufnehmen werde!
Am Morgen hieß es dann zusammenpacken und ab zum Bauplatz. Hier wehte uns ein frischer Wind um die Nase und es graute allen jetzt ins Wasser gehen zu müssen. Doch ein Lichtblick waren die verlängerten Gummistiefel!
So hieß es Stämme sammeln: 10-12 dicke, 16 mittlere und 25 dünnere. Dann wuchs das Floß immer weiter ins Wasser, sodass wir dank den langen Gummistiefeln nur bei größter Unaufmerksamkeit nass wurden.
Wir machten uns nach dem Mittag mit Dosengulasch mit Nudeln an den zweiten Teil des Floßes. Gerne würde ich jetzt sagen es ging leicht von der Hand, doch es war ziemlich anstrengend und ich ließ ab und an den Hundewelpenblick raus, dass der Guide helfend herbeieilte und mein Seil strafte. Von Tony hörte ich nämlich nur „Fester, zieh da mal ordentlich dran, sonst gehen wir unter!“
So entstand nach und nach unser Floß aus 1,5t Holz und mehr als 150m Seilen. Dann konnten wir es einrichten und flößten als erste vom Bauplatz los – Bauzeit 9-16:30.
Wir waren gerade aufgebrochen, da begann es zu regnen. Doch wir waren erstmal mit uns, den Stakstangen und Paddeln beschäftigt, dass wir für Regen keinen Nerv hatten. Und es wurde an dem Abend auch nicht mehr besser. Als wir das flößen in den Außenkurven raus hatten, wurde uns bewusst, wir müssen ja auch wieder anlanden?! Hatte uns das jemand erklärt? Wir haben nur einen Ausweg gesehen und beratschlagten das mit dem Capitan… Morgen 😉
Die zweite Beratschlagung führte zu den Überlegungen einfach unter der Plane bei nicht angelandeten Floß zu schlafen – fahren wir einfach durch!
Doch gegen halb 10 (taghell) näherten wir uns dem Ufer und ergriffen die Chance! Tony sicherte das Floß ich baute im Regen das nasse Zelt auf! Gerne möchte ich der Nacht den Titel geben – Schlafen in der Tropfsteinhöhle!
Wir schliefen so lange bis wir keinen Regen mehr hörten und wir konnten nach einem kleinem Frühstücksschauer in die kurze Hose wechseln.
So flößten wir bis 17 Uhr und sahen dabei viele Tiere. Bieber schwammen nur ein paar Meter vom Floß entfernt an uns vorbei, Rehe kamen zum trinken an den Fluss und mehrere Entenfamilien waren unterwegs. Wir legten in der Nähe von Wasserfällen an. Ich sage euch ein Traum von einem Schlafspot – Abendsonne, Feuerstelle und ein Wasserfall! Nachdem Spaziergang zum Wasserfall stellten wir beide fest, es wäre Zeit sich zu waschen. Wir schauten beide ins Wasser (ca. 12°C), guckten uns an und wussten, dass wir zwei Warmduscher das nicht überleben könnten! Tony wagte es aber doch, weil wir befürchteten, dass die Fliegen und Mücken ihn wegen seines Aromas verfolgten.
Ich war also in Zugzwang. Aber es ging – nur ohne Haare… Danach ließen wir den Abend am Lagerfeuer ausklingen.
Der nächste Tag forderte uns all unsere Nautikkenntnisse ab – Strudel mit Gegenströmungen, Gegenwind, Sandbänke und herabhängende Bäume, die es auf unser Zelt abgesehen hatten! Tony triezte mich, dass ich mich schon wie ein Rudersklave auf einem römischen Kriegsschiff fühlte.
Eigentlich hatte ich mich doch eher – in Gedenken an mein Idol Kapitän James Cook – als Kopf der Reise gesehen 😉
Am nächsten Morgen fuhr Tony zum Einkauf mit dem Kajak los! Ich badete (diesmal mit Haare) in der Zeit. Ihr ahnt mit was er zurückkam?! Zwei Sixpacks Bier, ach und einer Wassermelone, alles im Angebot!
Nach den täglichen Aufgaben wie Zelt trocknen, Seile ordnen, Essen kochen, nicht auf Sandbänken oder Steinen auflaufen, suchten wir uns eine ruhige Stelle für die Nacht. Wir fanden eine lauschiges Ufer, welches jedoch auch gefühlt eine Millionen Mücken beherbergte.
Doppelt mit Anti-Mücken-Zeug eingesprüht stellen wir uns ihnen – Zelt aufbauen, Feuerholz sammeln, Angel auswerfen! Da der Angelversuch erfolglos blieb musste es dafür einen Mitternachts-HotDog geben!
Am nächsten Tag kam es wie es kommen musste. Der Bootsjunge bereits für Midsommar heraus geputzt, ging beim Staken über Bord, ohne Schwimmweste, die diente uns als Sitzpolsterung bei uns. Es war nur eines von vier Mal, die Tony an dem Tag im Wasser war und nur einmal davon war freiwillig zum Waschen…
Das eigentliche Tageshighlight stand uns noch bevor. Wir wollten in die Stadt Ekshärad, denn hier gab es mal wieder etwas Zivilisation und einen Supermarkt. Nach einem gewagten Landungsmanöver an der Dorfbrücke, zogen wir voller Erwartungen los. Von weitem lasen wir am Supermarkt „Jeden Tag 8-22 Uhr“. Wir kamen 18:35 an und standen vor verschlossener Tür – wegen Midsommar nur bis 18 Uhr geöffnet! Tankstelle ebenfalls zu, Dorfimbiss kein Bier. Doch dann kam die Rettung – ein „Pub“ mit „richtigem“ Bier (in normalen Läden darf nur Bier bis maximal 3,5% verkauft werden). Nach zwei Getränken zogen wir dann weiter.
Wir beschlossen die letzte Nacht auf dem Floß zu schlafen. Um mich auf Midsommar vorzubereiten schaute ich „Midsommar für Dummies“ und wusste nun, dass ich als unverheiratetes Mädchen sieben Sorten wilder Blumen von sieben verschiedenen Wiesen pflücken muss, die ich dann unter mein Kopfkissen (also Schlafsack) lege. Dann träume ich der Legende nach von dem, den ich irgendwann einmal heiraten werde.
Natürlich darf man nicht verraten von wem man geträumt hat 😉
Danach schoben wir die Vorratskisten zusammen und machten uns bettfertig.
Der Legende nach ist die Natur in der Midsommarnacht magisch. Elfen würden tanzen und Trolle stünden hinter den Bäumen. Also ich bin mehrmals aufgewacht, weil ich komische Geräusche gehört habe, als ob sich jemand im Fluss wasche. Ganz klar ein Troll oder eine pummelige Elfe oder ein Elch!
Außerdem hieß es, der Morgentau könne kranke Tiere und Menschen heilen. Ich bleibe gespannt, wie sich der Tau, der mir von der Plane ins Gesicht getropft ist, bemerklich macht.
Dann hieß es nur noch fix zu Ende flößen, doch plötzlich liefen wir auf eine Sandbank auf. Frei dem Motto „Wer liebt der schiebt“, schoben wir unser Floß circa 30 Meter über die Sandbank in sehr flachem Wasser.
Doch dann war es wirklich nur noch im Sonnenschein zu Ende flößen und abbauen!
Wer sehen will wie Tony und ich wie Jack Sparrow über die Planken balanciert sind – hier das Video!
https://youtu.be/n3M_SyRswho
Hej då bis zum nächsten Abenteuer!
PS: Weitere Bilder gibt es wie immer im Ablbum Schweden.