Die Verhandlungen wurden zum Auto verlagert und konnten dann durch Öffnung der Keksverpackung beschleunigt werden. Die Kinder erwiesen sich als äußerst höflich, verlangten jeder nur einen Keks und bedankten sich mit einem herzigen “obrigado!”.
Na okay, sie versuchten vielleicht noch eine zweite Runde rauszuschlagen, doch da gab es nur noch ein High Five und wir durften passieren.
Unser Ziel für die Nacht war der Musseleji Wasserfall. Der Weg führte über eine eher off-road Straße erst an einigen Dörfern vorbei und dann hinab zum Wasserfall. Hier gibt es keine Campsite und auch kein Schild das man sich auf Privatgelände begibt, aber wir standen keine fünf Minuten, da kam der erste Lokal, der sich als “Guard” vorstellte. Wir hatten gelesen, dass der Müll eingesammelt wird und man dafür eine kleine Spende (2000 Kwanza circa 2€) übergibt. Habe ich also vorbildlich gemacht. Kurz darauf kam der nächste, der meinte er müsse noch weitere 4000 Kwanza bekommen, da wir ja hier schlafen wollen. Tony begann eine Diskussion, doch ich holte das Geld, denn der Herr war äußerst angetrunken und beide hatten eine Machete dabei. Sie waren nicht böse, aber wir haben sie mit ihrem Portugiesisch nicht weiter verstanden und da kann die Stimmung schon mal kippen. Er bedankte sich für die 4000 Kwanza und dann fiel ihm ein er hätte gern noch etwas zum anziehen. Ich gab schnell Tonys alte FlipFlops und damit waren sie zufrieden und setzten sich laut redend neben uns – weird.
Wir beschlossen deshalb drin zu kochen und irgendwann verkrümelten sie sich. Am Morgen gegen 6:30 rückten sie dann mit ihrem “Chef” an. Wir lagen noch im Bett, doch sie riefen so lange “Bom dia” bis ich rausgegangen bin. Der Chef teilte mir mit, dass er mit den 6000 Kwanza noch nicht zufrieden ist, denn ihm haben wir nichts gegeben. Drei Herren und ich nur in kürzester Schlafbekleidung machten mir wieder ein mulmiges Gefühl. Tony gesellte sich dann auch dazu und die Diskussionen begannen erneut.
Ich machte ToYo schnell abfahrbereit, denn neben Geld, Kleidung, Essen wurde auch Bier gefordert. Wir erklärten, dass man einmal eine Verhandlung über den Preis macht und wenn beide Seiten den akzeptiert haben, ist dann Schluss. Ich drängte Tony, dass wir losfahren, gut hatte ich sowieso nicht geschlafen. Der Wasserfall war so laut, dadurch habe ich mich unsicher gefühlt, weil man nicht gehört hätte, wenn ein Auto oder Moped sich nähert und wenn es geregnet hätte, wären wir schlecht oder unmöglich hier weggekommen.
Also neues Ziel die Calandula Wasserfälle – je nachdem was man bemisst sind es die zweit- oder drittgrößten Wasserfälle Afrikas.
Obwohl es noch sehr zeitig war, erwarteten uns dort auch schon “Guides” und “Parkwächter”. Es ist ein wirklich schöner Wasserfall, aber wenn man auf jeden Schritt verfolgt wird, nervt es schnell. Tony wollte den Walk runter zum Fluss gern machen (ich am liebsten weiter). Das Angebot vom “Guide” waren 5000 Kwanza für uns beide. Ich machte ihm klar, dass ich 4000 Kwanza bereit wäre zu zahlen. Lustig war, dass ein weiterer Guide mit in die Verhandlungen einstieg mit 6000 Kwanza 😉 Nach langem Überlegen schlugen die Jungs bei meinen Preis ein. Ich sicherte alles ab – es gab ein Handschlag drauf, es wurde bestätigt 4000 Kz für uns beide nicht pro Person. Los ging es.
Der Weg war nass, matschig und rutschig – so sah dann auch mein Po aus (tat nur ein bisschen weg). Unten angekommen war die Gischt so arg, dass man weder die Augen aufmachen noch ein Foto machen konnte.
Schnell zurück – es wurde eine Pause von den Jungs (achso natürlich kamen beide Guides mit) eingelegt und da begann wieder der Versuch einer Preisnachverhandlung. Jetzt wollten sie 20.000 Kwanza für den König oder Häuptling? Erneut erklärten wir, dass man einmal die Chance für eine Preisverhandlung hat und wenn man der zustimmt, war es das. Das ist wirklich nervig. Ach uns das ist alles inoffiziell und ohne Quittung.
Wir suchten uns dann lieber einen einsamen Spot am Wasserfall und frühstücken.
Auf der anderen Flussseite hat man auch einen super Blick auf die Wasserfälle und hier sollten Rock Pools sein. Da wir hier in Angola zu 90% wild campen (da es keine touristische Infrastruktur gibt) muss jede “Waschoption” wahrgenommen werden. Was auf dem BIld wie chillen am Fluss aussieht, war reine Körperhygiene 😉
So “gewaschen” waren wir bereit die Weiterfahrt anzutreten – das Ziel waren die Pedras Negras.
Bis zu 200m hohe Steinblöcke ragen aus der Landschaft. Es soll ein mystischer Ort und einst die Hauptstadt des Ndongo Königreichs mit den Fußabdrücken des Königs und der König im Gestein.
Die Schwarzfärbung findet in der Regenzeit durch Moose,Farne und Algen statt.
Der Sonnenuntergang in dieser Umgebung war unglaublich und wir waren sogar allein.
Bis wir dann am Morgen von lauten Rufen geweckt wurden, zwei Herren in einer religiösen Kutte führten eine Zeremonie an den Fußabdrücken durch, aber zeigten kein Interesse an unseren Füßen.
Dies waren die nördlichsten Stationen, sodass unser Weg wieder Richtung Süden führte. Das angolanische Hochland ist übergezogen von tropischen Regenwald und reißenden Flüssen, doch wir hatten Glück überall mit Brücken.
Ich setzte eine Dusche mit Seife auf den Tagesplan! Wir fanden eine Fazienda mit Campsite und Restaurant. Die Dusche war top. Da wir nun wieder gesellschaftsfähig waren, wollten wir im Restaurant essen – Karte nur portugiesisch, keine Bilder, kein Internet zum googeln. Wir ließen ganz mutig den Kellner auswählen und er wusste was er tat.
Es war das beste Essen, was wir in Angola hatten und so voll gefuttert fielen wir ins Bett. Am Morgen duschten wir gleich noch einmal, man weiß hier ja nie, ob es nochmal was gibt.
Unser weiterer Rückweg führte an der Höhle vorbei. Eigentlich wollten wir sie auslassen, da die letzten Bewertungen von Einbrüchen ins Auto berichteten, wenn man runter zur Höhle klettert. Wir wollten also erstmal gucken, doch nur als wir in den Weg einbogen folgten uns 10 Kinder und männliche Jugendliche. Maximal unangenehm jeder wollte unser “Guide” sein, auch als wir zeigten, dass wir den Weg in unserer Karte haben und freundlich mit “no obrigado” alles ablehnten, folgten sie uns und ein Teil machte es sich im Schatten von ToYo bequem. Ich wollte ToYo nicht allein lassen, aber Tony ließ sich nicht abbringen zu dieser Höhle zu gehen.
Meine Meinung war, dass keine Höhle es rechtfertig, dass evtl. in ToYo eingebrochen wird. Meine Hoffnung war, dass Tony von der unfreiwilligen “Reisebegleitung” genervt ist und deshalb umdreht. Selbst als ich androhte allein zurück zu gehen, hätte er mich gelassen. So standen wir vor der Höhle machten eine Spende an die “Geister”, die wurde aber durch den ältestes eingesammelt?! Ich wollte ein schnelles Bild machen und zurück, da die Jungs dann schon anfingen an mir rumzuzuppeln und mehr Geld wollten, doch Tony ging immer weiter in die dunkle Höhle (natürlich hatten wir nur Handylicht dabei).
Kennt ihr das aus Horrorfilmen der Moment wenn die Opfer in den dunklen Wald rennen und man weiß gleich sterben sie?! Genauso hat es sich angefühlt. Herr Adam war weiter überzeugt, dass er mit den 10 Jungs fertig wird.
Wir haben es unversehrt zum unversehrten ToYo zurück geschafft, aber Tony musste eingestehen (es ist ihm sichtlich schwer gefallen), dass es dieser Aufwand nicht wert ist, auch wenn die Höhle schon beeindruckend war.
Unser Plan war nun zurück zu unserem Safe-Place in Lobito zu fahren. Okay es ist eine Bar am Strand, aber wenn man hier diniert, kann man kostenlos am Strand stehen und der Nachtwächter hat ein Auge auf uns.
Unsere “Vorwäsche” wurde im Meer durchgeführt und dann durften wir uns noch mit dem Bauschlauch abspülen.
Zum Glück schmeckt das Seafood hier auch noch sehr lecker. Der Chef gesellte sich auch noch zu uns und lud uns direkt auf eine Party ein (passte leider nicht in unseren Zeitplan).
Da wir mitbekommen hatten wie kalt es in Deutschland gerade ist, beschlossen wir maximal an der Küste entlang zu fahren um zu Baden. Also ging es Richtung Namibe und ich hatte eine tolle Bucht mit Beach für die Nacht herausgesucht.
Doch als wir südlich von Dombe Grande zum vermeintlichen trockenen Flussbett fuhren (vor zwei Wochen als wir hier lang gekommen waren, war es staubtrocken) erblickten wir einen reißenden Fluss. Zwei Polizisten schüttelten mit dem Kopf, die Lokals am Flussufer zeigten uns, dass wir umdrehen sollen. Ihr ahnt was jetzt kommt: Tony meint sich, ToYo und den Lokals beweisen zu müssen, dass man da noch durchfahren kann. Er versuchte durchzulaufen und merkte schnell das es hüfttief war und vor allem die Strömung zu stark war.
Er sah ein, dass es keinen Sinn macht. Doch dann kam ein Toyota Hilux mit Lokals. Es wirkte so als ob sie durchfahren werden und Tony wollte nun auch die Flussdurchquerung machen “wenn es ein Hilux schafft, dann schaffen wir es auch!”. Er beobachtete wie die Jungs all ihr Gepäck von der PickUp Fläche luden und selbst die Rucksäcke von der Rückwand wurden ausgeräumt. Mir graute es mit wieviel Wasser im Innenraum die wohl rechneten.
Ich beschloss Tony nach alle den Argumenten, die gegen eine sinnlose Flussdurchquerung sprechen und ungewisse, die noch kommen, den Autoschlüssel wegzunehmen (er lässt ihn immer stecken) und wendete ToYo und besetzte die Fahrerseite.
Wir beide waren irritiert, als der Hilux rückwärts ans Wasser fuhr – dass er besser wieder rauskommt? Dass wir ihn besser rausziehen können? Doch er begann sein Auto mit Flusswasser zu waschen, nichts mit Flussdurchfahrt – Das Gepäck wurde an einer seichteren Stelle von Hand über den Fluss getragen und dann wohl von einem anderen Auto da abgeholt.
Ich fuhr also zurück und wir redeten eine halbe Stunde nicht miteinander! Tony fand mich hysterisch und ich ihn leichtsinnig. Er fragte unseren Angola Overlander Freund aus Luanda und er schlug beide Arme über den Kopf, dass wir fast versucht haben diesen Fluss zu überqueren und schickte uns dieses Bild.
Gern geschehen Tony, dass ich ToYo gerettet hab 😉
Zur Versöhnung hatte ich einen Beach gefunden und Tony wurde mit einem lokalen Bier besänftigt. Wir mussten uns nun vom Atlantik für dieses Jahr verabschieden.
Der weitere Weg führte also landeinwärts. Wir fuhren fast bis es Dunkel wurde und dann suchten wir uns einen natürlich wilden Nachtplatz. Wir wurden schnell fündig – nicht sichtbar von der Straße, ebenerdig, kein Dorf in Sichtweite. Doch als ich gerade begonnen hatte zu kochen, kamen die ersten Kühe gefolgt von den Hirten. Die Jungs waren zu sehr mit ihren Kühen beschäftigt, dass sie kein Interesse an uns hatte. Die Kühe jedoch umso mehr.
Die begannen an ToYo zu lecken, wir denken, dass sie auf das Salz vom Meer standen, dann schubbelten sie sich an ToYo (vielleicht dachten sie, dass er sei der neue Bulle in der Gegend ;-)). Was mir nicht bewusst war, dass Kühe scheinbar nachtaktiv sind, denn wir wurden beide nachts wach als sie wieder begannen ToYo zu schubsen – wieder eine typisch unruhige Nacht in Angola.
Zeitig von den Kühen erneut geweckt ging es weiter nach Lubango. Wir begannen unser letztes Bargeld auszugeben und machten einen Stop am Wahrzeichen von Rio…ähm Lubango natürlich.
Unsere letzte Nacht in Angola verbrachten wir wild an einem großem alten Baobab Baum. Besucht wurden wir nur von ganz schüchternen Kindern und ich erfüllte meinen Bildungsauftrag und gab jeden einen Stift für die Schule…okay und einen Keks. Es ist schließlich Weihnachten und sonst hätte Tony die nur gegessen.
Danach näherten sich drei junge Männer, die aber nur Interesse an ToYo zeigten und sich tanzend vor ihm filmten – vielleicht wird ToYo jetzt bei TikTok berühmt.
Wir hatte eine ruhige Nacht bis kurz nach 6Uhr morgens als der Dorfsuffi vorbeikam und solange “bom dia” rief bis wir uns regen mussten. Also stand ich mal wieder mit einem scheinbar alkoholisierten Herren da und diskutierte in portugiesisch. Er wollte 5000Kz (circa 5€) um sich was zu trinken zu kaufen und noch etwas zu essen. Ich machte ihm klar, dass ich auf dem Weg zum “Aeroporto” seien und deshalb alles “finito” ist und beendete das Gespräch. Zu dem Herrn gesellten sich dann noch zwei Damen die es sich auf ihren Wasserkanistern 2m neben ToYo bequem machten und schauten mir beim Zähne putzen zu. Ich mobilisiere Tony aus dem Bett und wir starteten in den Tag.
Auf dem Weg zum Grenzübergang Santa Clara gab es am Straßenrand einige Überbleibsel des Bürgerkrieges zu sehen – gepanzerte Fahrzeuge und Panzer.
Der Bürgerkrieg in Angola begann unmittelbar mit der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal 1975 und ging bis 2002. Er wird auch als Stellvertreterkrieg des Kalten Krieges bezeichnet, da die eine Partei von der Sowjetunion und Kuba unterstützt wurde und die andere Partei Unterstützung von USA erhielt.
Wir haben in der Zeit hier mehrere Artikel/Berichte darüber gelesen, doch am Ende bleibt es wie jeder Krieg unverständlich, sinnlos und Zivilbevölkerung starb für die Machtbesessenheit alter Männer.
Im letzten Dorf vor der Grenze tankten wir nochmal voll (ihr erinnert euch 1l Diesel kostet 13 Cent). Wir waren nicht ganz leer, deshalb passten „nur“ 261 Liter rein. Danach gaben wir unsere Rest-Kwanza noch im Supermarkt aus.
Der Grenzübertritt lief zügig und problemlos, auch ließen uns die Schlepper in Ruhe. Einziger spannender Moment war, wann man vom Rechtsverkehr in den Linksverkehr wechselt.
Nun musste eine Campsite mit Dusche her. Wir wurden in Namibia natürlich fündig und begannen erst ToYo zu ordnen und dann uns einzuweichen. Uns viel auf, dass wir bereits seit zehn Wochen Mehl mit uns rumfahren und so backten wir noch das erste Brot der Reise. Es gab Unstimmigkeit über die Mehlmenge, sodass es nur ein kleines Brot wurde.
Am nächsten Tag wollten wir zügig in den Caprivi-Streifen kommen. Der Weg führte die ganze Zeit am Okavango Fluss entlang. In Divundu suchten wir uns eine Campsite mit Blick auf den Okavango und beschlossen aus dem Rest Mehl noch Pizza zu packen. Ich wollte nämlich unbedingt im Dutch Oven (dieser Gußeiserne Topf indem wir auch Brot backen) Pizza machen, dafür dreht man ihn um. Der Deckel ist nun der Boden und der Topf die Oberhitze.
Ob wir Pizzabäckerei im Caprivistreifen geworden sind, oder doch den Rückweg nach Lusaka angetreten sind, lest ihr im nächsten Blog.
Eure Teigkneter
Tony&Juli