La Paz sammelte nicht gerade Beliebtheitspunkte als es uns mit Schneeregen weckte. Deshalb beschlossen wir direkt die Flucht zu ergreifen. Wir buchten einen 3-Tages-Ausflug in die Salt Flats bei Uyuni.
Deshalb ging es mit dem Nachtbus zwölf Stunden Richtung Süden. Da der Bolivianer gewöhnlich mit dicker Wolldecke reist, nahmen wir diesmal sicherheitshalber auch unseren Schlafsack mit in den Bus.
Gut erholt kamen wir in Uyuni an, frühstückten erstmal auf dem Markt und stärkten uns für alles was kommen sollte mit einem leckeren Quinoadrink.
Dann ging es mit drei britischen Medizinstudentinnen und Guide Pablo in einem Geländewagen los.
Es ging auf den größten Salzsee bzw. die größte Salzebene der Welt – den Salar de Uyuni. Der 10.582 Quadratkilometer große Salzsee ist bei Entstehung der Anden vom restlichen Ozean abgetrennt worden und vor über 10.000 Jahren zur Salzebene ausgetrocknet. Durch die Verdunstung entstand eine mehrere Meter dicke Salzkruste. Darunter befindet sich noch ein am See mit gesättigtem Salzwasser, der an der tiefsten Stelle noch mehr als 120 Meter tief sein soll.
Die Salzmenge wird auf zehn Milliarden Tonnen geschätzt und jährlich werden etwa 25.000 Tonnen abgebaut. Da stellte sich mir die Frage: „Wie kommt das Salz vom See in den Salzstreuer?“. Die Antwort liegt am östlichen Rand der Salar de Uyuni. Dort hacken Arbeiter in die Salzschicht und häufen das Salz zum Trocknen auf.
Diese werden dann in Lastwagen in die direkt an der Salzebene gelegene Stadt Colchani zur Aufbereitung transportiert. Dort wird es weiter getrocknet und verpackt. Da Salz aber ein preiswertes Gut ist, lohnt ein industrieller Abbau nicht.
Wer denkt es gibt kein Leben in dieser Salzwüste, der irrt. Wir hatten gegen so einige Kreaturen zu kämpfen.
Auf der Fahrt durch die scheinbar endlos weit erscheinende Salzebene erhob sich plötzlich eine Insel – Incahuasi, was übersetzt Haus der Inka bedeutet. Sie ist für ihre meterhohen Kakteen, die bis zu 1200 Jahre alt sind, bekannt. Man weiß so gut, wie alt die Kakteen sind, weil sie nur einen Zentimeter im Jahr wachsen.
Dann warteten wir auf den Sonnenuntergang. Es kam uns ewig vor, weil es schon recht kalt war. Diese Gegend hat nämlich eine Jahresdurchschnittstemperatur von lediglich 3 Grad Celcius und als die Sonne dann weg war, war es noch viel weniger.
Also wollten wir alle schnell ins Hostel. Bereits als wir davorstanden, war unsere Vorfreude in leichte Erfrierungsangst umgeschlagen. Das Bettgestell war „Made in Uyuni“ – komplett aus Salzplatten, genau wie der Rest in diesem Hostel. Sie stellten sich jedoch bei den Minustemperaturen im Zimmer als sehr isolierfreudig heraus.
Am Morgen fuhren wir durch die Gegend die Coloured Mountains hieß.
Das trifft es auch ganz gut, denn durch die vulkanische Entstehung sieht man an den Bergen viele mineralische Ablagerungen von Eisen, Kupfer und Sulfaten, die diese verschiedenen Farben hervorrufen.
Dann ging es durch das Valley of Rocks und Tony musste gefühlt auf jeden Stein klettern.
So viel frische Luft machte hungrig und so gab es Lunch auf der Ladefläche des Jeeps zubereitet, leider wie am Vortag kalt.
Und da fragte man sich doch ernsthaft, wie in der größten Salzebene der Welt das Essen so ungesalzen sein konnte…
Dann stand die Rote Lagune auf dem Plan und wir sahen unsere ersten freigebenden Flamingos.
Der Name der Lagune mit hohem Mineralsalzgehalt kommt von roten Kieselalgen. Diese locken die Andenflamingos an. Habe ich davor den Flamingo für einen eher tropischen Vogel gehalten, war ich überrascht, dass er gern in eiskaltem Salzwasser steht.
Flamingo-Fakt des Tages: Durch ein Leberenzym können die mit der Nahrung aufgenommen Carotinoide umgewandelt werden und als Pigmente in den Federn eingelagert werden. Die Algen filtern sie ähnlich wie ein Wal durch Lamellen in ihrem Schnabel aus dem Wasser.
Am zweiten Tag schwächelte eine unserer Mitteisenden und weinte schon vor Bauchschmerzen. Die einzige Idee vom Guide war wie immer Cocatee. Ich besann mich, dass ich ja eigentlich Ärztin bin und untersuchte sie fachmännisch. Mc Burney und Lanz Punkte waren positiv, sie war ein junges Mädel und so kam ich zur Arbeitsdiagnose Appendizitis! Wir beschlossen, dass es das Beste sei, die Tour abzubrechen und sie ins Krankenhaus zu fahren. Der Guide schlug uns ein drei Stunden entferntes „Krankenhaus“ ohne Strom und Ultraschallgerät vor. Da dies keine Option war, ging es ins fünf Stunden entfernte Uyuni, indem eine Behandlung möglich war.
Erst schien es, dass wir auch abbrechen müssten, da wir ja alle im selben Auto unterwegs waren. Als ich mich jedoch noch um meine Blinddarmpatientin kümmerte, machte Tony zwei Schweizer klar, die alleine mit ihrem Fahrer unterwegs waren und die uns für den letzten Tag der Tour aufnahmen.
Am nächsten Tag war es mal wieder Zeit das Hemd in den Schlüppi zu stecken. Als wir Aufstanden herrschte eine Außentemperatur von -6 Grad Celsius und es lag Schnee. Somit hatten wir den ersten Schnee des Jahres im Juli und auch unsere höchste Nacht mit 4680 Meter über dem Meeresspiegel.
Dann ging es direkt zu den Geysiren, kochenden Schlammlöchern und Fumarolen im Sol de Mañana, einem zwei Quadratkilometer großen Geothermalgebiet.
Unnützes Vulkanwissen des Tages: Fumarole sind lediglich Dampfaustritte in vulkanisch aktiven Gebieten, die bei wenig Wasser in der Tiefe durch den fehlenden Druck vollständig in Dampf umgewandelt wird. Sie deuten jedoch auf einen abklingenden Vulkanismus hin.
Dann plötzlich dachte ich, dass ich durch ein Gemälde von Dali laufe und habe nur noch Ausschau nach den zerflossenen Uhren gehalten. Wir waren in der Salvator Dali Wüste angekommen.
Unzählige Felsen am Wüstenrand von hell-bis dunkelbraun standen auf einer Anhöhe. Das war ein wirklich surrealer Anblick.
Danach hatten wir genug gefroren und am späten Vormittag hieß es dann: Runter mit den Klamotten und rein in den Bikini! Wir sprangen in die Thermalquellen, die auf über 4000 Meter lagen, wärmten uns auf und genossen die einzige Dusche der letzten drei Tage – von Winter-Wüsten-Tour zum Wellness-Urlaub.
Das Best of unseres Ausfluges gibt es im Video zu sehen.
https://youtu.be/ovUy42OPRDY
Zurück in Uyuni angekommen nahmen wir direkt einen Bus nach Potosi. Tony wollte hier unbedingt hin und ich hatte gleich ein ungutes Gefühl.
Es fing an, dass wir keine Unterkunft hatten und halb zwölf nachts durch eine gruselige bolivianische Stadt liefen.
Am Morgen wurde es nicht besser, da in der ganzen Stadt Generalstreik mit Straßenblockaden herrschte. Wir verstanden nicht so ganz gegen was eigentlich demonstriert wurde, aber in der ganzen Stadt ging nichts. Alle Geschäfte waren geschlossen, es konnten keine Autos fahren und so schien es auch fast unmöglich eine Tour in die bekannten Silberminen zu bekommen. Wir schafften es aber doch noch, nach klopfen an verschlossenen Agentur-Türen, eine Tour für den Nachmittag zu buchen.
Um diese Stadt schnell wieder zu verlassen brauchten wir aber auch noch ein Busticket. Da aber alles zu war und nichts fuhr, hieß es fünf Kilometer zum Busterminal laufen um da unter der Hand durch den Zaun ein Ticket zu bekommen. Dort wurden wir auch erstmals als Gringos beschimpft. Zusammen mit den ganzen Straßenblokaden und Menschen mit Holzlatten bewaffnet war es ein recht unwohliges Gefühl!
Aber erstmal ging es angemessen gekleidet in die Silbermine.
Schon die Inka hatten im Cerro Rico (Reicher Berg) Silber abbauen lassen und durch den Silberabbau der Spanier wurde die Stadt im 17. Jahrhundert zu einer der größten der Welt.
Nachdem wir eine Tüte Cocablätter für die Minenarbeiter in einem Shop gekauft hatten, indem man auch legal Dynamit hätte kaufen können, ging es auf den Schienen in die Miene.
Wir machten nach einigen Verzweigungen eine Pause mit drei Arbeitern. An einem normalen Arbeitstag wird die Miene für sieben Stunden nicht verlassen und das Mittag besteht nur aus Cocablättern und hochprozentigem Alkohol gemischt mit Wasser.
Immer zur vollen Stunde gibt es eine Sprengung in der Miene und so schlugen wir uns über drei wacklige Leitern tiefer hinab in den Berg um diesen zu entgehen. Nachdem wir verschiedene Silber- und Zinkadern gesehen hatten, wurden wir aber auch sicher wieder aus der Miene geführt. Wir mussten uns nur gelegentlich an die Wand quetschen um nicht von den handgeschobenen Loren überrollt zu werden.
Wer uns Live bei der Minenarbeit sehen will, sollte sich dieses Video angucken.
https://youtu.be/zn1ZmHaN04s
Danach versuchten wir zu Fuß so schnell wie möglich die fünf Kilometer zum Busterminal zu kommen, weil wir gehört hatten, dass der 19 Uhr Bus wohl trotz der Blockaden fahren sollte. Wir waren so schnell, wie man eben mit Rucksack auf über 4000 Höhenmetern ist! Nur damit ihr mal mein Leid einzuschätzen wisst!
Unser Weg wurde kurz vor dem Ziel von brennenden Straßenbarrikaden versperrt – Wir waren ratlos und leicht verängstigt. Eine Bolivianerin setzte uns aber in ein Taxi und meinte sie weiß schon wo der Bus fährt.
Ende der Geschichte: Sie führte uns nach kurzer Taxifahrt und weiteren beschwerlichen Metern bergauf und vorbei an weiteren Barrikaden zu unserem Bus und wir kamen 23 Uhr im Hostel in Sucre an und fielen todmüde ins Bett.
Wenn wir uns ausgeschlafen haben, berichten wir weiter! Bis dahin Gute Nacht aus Sucre.
Wow Leute! Das hört sich nach Abenteuer an. Die Bilder und Videos sind echt klasse. Sehr professionell. Jasper will jetzt unbedingt eine go Pro! Und herzlichen Glückwunsch Frau Doktor zu der lebensrettenden Diagnose