“Wieso wollt ihr denn nach Georgien?”, “Was gibt es da?” waren wohl die ersten Reaktionen auf unser aktuelles Reiseziel. Doch wir ließen uns nicht beirren und flogen von Berlin nach Kutaisi (einziger Direktflug).
Nach 3,5h landeten wir auf einem nagelneuem Flughafen und waren weit und breit das einzige Flugzeug.
An diesem kleinen Flughafen, gab es natürlich keine Filiale einer Autovermietung, sodass man von einem Georgier mit handgeschriebenem Schild erwartet wurde. Dieser Herr führte uns zu einem etwas in die Jahre gekommenen Honda. Er berichtete uns stolz, dass auf der Hinfahrt die Klimaanlage kaputt gegangen war, er habe das aber geregelt! Aktuelle Außentemperatur 36 Grad!
Aus Mangel an Alternativen fuhren wir mutig los.
Kutaisi City war unser erstes Ziel und der erste Gedanke war – sind wir doch wieder in Indien? Überall standen Kühe auf den Straßen vom Highway bis zum Zentrum.
Nach einem Besuch der Bagrati-Kathedrale auf einer Anhöhe, konnte man sich guten Gewissens auf die kulinarische Erkundung konzentrieren.
Am nächsten Tag haben wir die Umgebung ein wenig unsicher gemacht und ein Stop war das UNESCO Weltkulturerbe – Kloster Gelati.
Das witzige an dem Abstecher war, dass ein älterer Georgier uns den Weg zeigen wollte. Natürlich auf georgisch. Doch bei dem Namen Gelati wechselten wir direkt auf „si, si“ als Standardantwort, anstatt auf „da, da“. 🤓
Anschließend wollten wir in den Okatse Canyon. Unsere Entdeckerfreude wurde durch den montägigen Schließtag boykottiert. Doch es fand sich schnell ein Georgier, der diese Marktlücke entdeckt hatte und uns eine private Tour zu einem versteckten Wasserfall in seinem 4×4 Jeep anbot.
Die Fahrt selbst mit seinem Jeep verdiene den Titel „Leben am Limit“, aber dann gehörte der Wasserfall uns ganz allein und eben Georgi.
Danach wollten wir ans Meer und so lockte uns Batumi (auch als das russische Las Vegas bezeichnet) an.
Bei unserer Ankunft fanden wir es schon grotesk, dass neben einem modernen Wolkenkratzer Plattenbauten aus Sowjetzeiten strahlten.
Hier wird versucht ein unterhaltsamer Urlaubsort aufzubauen. Es gibt sogar einen Versuch der Fontänenshow wie im Bellagio in Vegas – nur eben in ostig 😃
Nun sollte ich etwas zum Schwarzem Meer sagen. Vielleicht bin ich etwas verwöhnt, mein Körper und ich sind definitiv nicht für einen Kiesel-Steinstrand geeignet.
Ich hatte vom ersten Badeversuch eine riesige Beule am Schienbein und mehrere blaue Flecke davon getragen!
Achso mal soll ja auch immer was positives sagen – Wasser war nicht kalt.🤓
Nach dieser skurrilen Stadt suchten wir die Abgeschiedenheit von Svanetien (Großer Kaukasus).
Es ging die Küstenlinie nach Norden und dann entlang der Serpentinen in den Kaukasus.
Am nächsten Tag starteten wir gut gestärkt gegen 10 Uhr in dem Dörfchen Mazeri auf circa 1700 Metern. Ein kleines unscheinbares Schild wies uns in Richtung Ushba Gletscher.
Die ersten Kilometer ging es durch ein Tal, umschlossen von schneebedeckten Gipfeln.
Dann ging es einen ziemlich steilen Anstieg bergauf, jedoch wurde man mit einem spektakulären Ausblick belohnt.
Ab und zu mussten, in der Größenordnung ziemlich variierend, Bäche durchquert werden.
Das dies nicht überall trockenen Fußes geschah, war in Georgien irgendwie abzusehen?!
Nach rund vier Stunden hatten wir uns auf 2500m hochgekämpft und waren am Ushba Gletscher! Eher unspektakulär, da von Geröll überzogen, aber mit zwei gletschergekühltem Bieren und ein paar Würstchen auszuhalten 😉
Gestärkt und mit dem View auf den Gipfel des Ushba mit 4700m konnten wir den Rückweg antreten.
Am nächsten Tag glühten uns noch ziemlich die Waden, doch wie man uns kennt, starteten wir trotzdem eine weitere Wanderung. Längeres quengeln meinerseits, führte wenigstens dazu, dass wir die ersten vier Kilometer noch mit dem Auto fuhren. So lagen nur 400 Höhenmeter durch einen idyllischen Wald vor uns.
Plötzlich raschelte es im kaukasischen Unterholz. Wir konnten es jedoch nicht zuordnen – Kuh, Wildschwein oder doch ein Bär?!
Unversehrt erreichten wir den Chalaati Gletscher und frühstückten mit Blick auf den Gletscher. Da es irgendwo auf der Welt sicher nach 12 Uhr war und unser Rucksack sehr schwer, gab es eben ein Frühstücksbier 😉
Während dem gemütlichen Frühstück, erspähte Tony eine Gruppe waghalsige Kletterer auf dem Gletscher. Ihr könnt raten, wo ich mich eine Viertelstunde später befand?
Ich denke nicht, dass dieser „Weg“ in irgendeinem westlichen Land erlaubt wäre. Wir krackzelten über den Geröllschutt und unter den Füßen hörte man das Tauwasser plätschern. Von den spontan auftauchenden Längsspalten im Eis kann ich hier leider nicht berichten, da unsere Muttis diesen Blog auch lesen…
Unnützes Gletscher Wissen:
Längsspalten entstehen durch eine Querdehnung der Gletscheroberfläche. Dies ist häufig bei Gletschern zu beobachten, welche aus einem engeren Tal in eine weite Ebene austreten, wo sich das Eis weit ausdehnen kann.
Diese Aufregungen verarbeiteten wir in unserer Stammlokalität – bedeutet wir tranken und aßen den ganzen Nachmittag bis Abend.
Da Tony immer mehr isst und trinkt als ich, musste er auch mehr Kalorien verbrennen! Deswegen stellte er sich am nächsten Morgen den Wecker auf 6 Uhr und kletterte 900 Höhenmeter hoch für einen schönen Blick auf das Dorf.
Da in einer Beziehung jeder auch Zeit allein verbringen sollte, verzichtete ich großzügig und ließ ihn ziehen 😉
Dann lagen 350km Fahrt vor uns. Raus aus dem Großen Kaukasus nach Borjomi, der Stadt des Heilwassers.
Die ersten Tage war Tony immer gefahren, da er meinte, ich soll mich erstmal in den Verkehr „eingucken“. Scheinbar schien ich ihm gut genug eingeguckt, oder was ich eher denke, er hatte keine Lust mehr und ich wurde endlich ans Steuer gelassen.
Für euch die zwei wichtigsten Regeln des georgischen Straßenverkehrs:
1. Einfach mitfließen, dann ergibt sich immer eine Lücke
2. Überholen ist immer, wirklich immer möglich, da man die Straße zur Not einfach auf drei Spuren erweitert
Ich warte nur noch auf die Aushändigung meines georgischen Führerscheines!
In Borjomi angekommen gönnten wir unserem geschundenen Körper eine ordentliche Portion Heilwasser.
Doch schon nach den ersten Schlucken waren wir „geheilt“! Vielleicht kennt ihr diese eklige Elektrolytlösung, die man trinken muss, wenn man schlimme Diarrhö oder Cholera hat – das trifft den Geschmack ganz gut!
Analysen ergaben, dass das Wasser kohlensäure-, natrium- und hydrocarbonathaltig ist und so hilft es bei Magen- und Darmerkrankungen, aber auch Herz- Gefäßerkrankungen, sowie natürlich auch denErkrankungen des Bewegungsapparats und Karies 🤓
Wenn ihr jetzt schon dachtet, dass war aber unnützes Wissen, muss ich euch enttäuschen und kann noch einen drauf setzen.
Der Botaniker Alexander von Nordmann hat in Borjomi 1838 eine Tannenart entdeckt, die bei uns zuhause als der beliebteste Weihnachtsbaum bekannt geworden ist – Abies nordmanniana oder Nordmanntanne.
Das muss jetzt sicher erstmal alles von euch verarbeitet werden und wir machen uns auf zu der Höhlenstadt in Vardzia!
Nächste Auswertung folgt dann!