Im Einbaum durch den wilden Westen – Madagaskar

In Miandrivazo angekommen verbrachten wir eine Nacht in der Bungalow-Anlage „La Pirogue“. Unser Bungalow hatte ein gewohnt offenes Bad (Wand nur bis halben Meter unter Decke und Vorhang als Tür). Als ich allein im Bad war, bewegte sich plötzlich der Vorhang und ein monsterähnlicher Schatten erschien. Ich sah mich schon für ewig im Bad gefangen. Es gab auch nichts um sich zu wehren und das Fenster war zu klein zur Flucht. In dem Moment raschelte es, als ob eine ganze Großfamilie an Mäusen das Zwischendach bewohnt. Ich nahm all meinen Mut zusammen, schob mit meinem Flipflop den Vorhang zur Seite – Ich war gerettet. Das „Monster“ stellte sich als Gekko heraus (aber schon böse guckend).

Meine genauere Inspektion des Zimmers, zeigte ködelformige schwarze Gebilde auf der linken Bettseite und am Boden. Ich beschloss kein Drama daraus zu machen, schupste sie beherzt runter und beschloss, dass die linke Bettseite Tony zusteht 😜. Sorry Tony, dass du es so erfahren musst.

Unsere Mitbewohner verhielten sich in der Nacht aber recht ruhig und am nächsten Morgen ging es bereits um 6 Uhr zu unserer Ablegestelle los. Der Weg führte nur noch vorbei an einzelnen Häusern immer weiter ins Nirgendwo. Wir wurden auf einem Nebenarm des Tsiribihina abgeladen und dann erschien wie aus dem Nichts geräuschlos unsere Pirogue, was wohl französisch ist und soviel wie Kanu heißen müsste. Genau genommen war es ein traditioneller Einbaum, der aus dem vollen Stamm gehauen war.

Wir beluden unsere Rucksäcke, welche unsere Rückenlehnen wurden und erhielten „Sitzkissen“, die sich am Abend auch als unsere Matratzen herausstellen sollten.

Die Besatzung war komplett:
Kapitän (und Koch) Joseph, Ruderer Jo, Bootsjunge Tony, Späher Juli und Piroguenmaskottchen Huhn Guri.

Bordsprache war Französisch, was gelegentlich zu Kommunikationsschwierigkeiten führte.

Endlich geht es los – Tsiribihina

Im Reiseführer steht, dass man mit ganz viel Glück manchmal ein Krokodil auf den Tsiribihina sehen kann. So dauerte es nicht lange bis Tony ganz aufgeregt „Krokodil“ rief. Der Kapitän entwarnte mit den Worten: „Non, c’est un Boa“. Was Tony in noch größere Aufregung versetzte. Bei Annäherung stellte es sich als Ast heraus, der Kapitän meinte auch l‘arbre.

Immer auf der Lauer – Tsiribihina

Es ging vorbei an wechselnder Landschaft, weiten Ebenen, steilen Hängen bis wir dann am linken Uferrand anlegten – Landgang zum Wasserfall.

Auf zum Landgang – Tsiribihina

Hier erwartete uns zusätzlich ein Herr mit einem Gewehr, der wohl aber zu unserer Sicherheit engagiert wurden war. Es käme wohl regelmäßig zu Überfallen auf Piroguen. Unser erster Guide war deswegen auch nicht begeistert, als wir ihm von unseren Plänen berichteten. Wir antworteten wie immer mit: „Wird schon nichts passieren“.

Sicherheit? – Tsiribihina

Nach freundlichem Händeschütteln konnte der Landgang beginnen. Wir integrierten uns gut in einem Land, das von Korruption lebt. Die anwesenden Lemuren wurden mit etwas „Harmoniegeld“ in Währung Banane zu einem schönen Foto motiviert.

So süß – Tsiribihina

Dann ging es zu einem Wasserfall, dessen Farbe im Vergleich zum Fluss deutlich lebens- und hautverträglicher aussah und wir nutzen den Moment für ein kühlendes Bad.

Baden vs waschen – Tsiribihina

Als wir dann beschützt mit dem Sicherheitsangestellten wieder losfuhren, erspähte ich nun wirklich ein Krokodil und es sollte nicht das einzige bleiben.

Eins war 2m – Tsiribihina

Unnützes Krokodil Wissen:

Habt ihr schonmal was von der temperaturabhängigen Geschlechtsbestimmung gehört?! Ob es ein Mädchen oder Junge bei den Krokodilen wird hängt von der Nesttemperatur ab. Sie haben nämlich keine Geschlechtschromosomen. Werden die Eier unter etwa 30 °C ausgebrütet, schlüpfen aus ihnen Weibchen, bei einer Temperatur um etwa 34 °C Männchen. Deshalb werden die Eier in verschiedenen Tiefen vergraben, dass beide Geschlechter entstehen.

Nach all dieser Aufregung legten wir gegen 17:30 Uhr auf einer Sandbank an und schlugen unser Nachtlager auf.

Nachtlager – Tsiribihina

Auf dem Grill brutzelten die Fische, die wir unterwegs von einem Fischer frisch gefangen gekauft hatten. Der abendliche Himmel gab alles um uns würdig zu unterhalten.

Sunset-Milchstraße-Vollmond und der Herr mit seiner Waffe – Wir schliefen sorgenfrei ein.

Sunset – Tsiribihina

Am nächsten Morgen ging es wieder zeitig los um die milden Morgenstunden mit kräftigen Paddelschlägen auszunutzen. Wir ließen es uns natürlich nicht nehmen auch mit zu paddeln.

Juli paddelt – Tsiribihina

Um der Mittagssonne zu entkommen, setzte uns der Kapitän etwas entfernt vom Ufer in den Schatten unter einen Feigenbaum. Mir bangte es um Huhn Guri, hatten wir uns doch schon angefreundet.

Neue Freundschaften entstehen – Tsiribihina

So waren wir erleichtert als es zum Lunch nur Gemüse und Spaghetti gab.
Danach ging das halbe Dorf zum Fluss und wusch entweder sich, Geschirr oder das Zebu.
Also ging ich mit meinem Zebu Tony auch im Krokodilsfluss baden. Achso Tsiribihina heißt übersetzt „Ort an dem man nicht badet“🐊

Baden im Krokodilfluss – Tsiribihina

Nach einer zweistündigen Weiterfahrt legten wir erneut an einer Sandbank an. Weil es noch so sonnig war, empfahl der Kapitän eine Besichtigung des Dorfes.

Wer besichtigt hier wen? – Tsiribihina

Bei unserer Rückkehr wurde klar, dass war nur eine miese Ablenkungstaktik um den Mord an Guri zu vertuschen.

Sorry Guri – Tsiribihina

Gericht des Abends: Gebratene Guri mit Reis

In etwas Entfernung hatten sich ein paar Kinder vorsichtig genähert. Sie beobachteten genau wie ich im Reiseführer die nächsten Tage plante. Ich setzte mich dann zu ihnen und wegen der Sprachbarriere guckten wir uns nur zusammen die Bilder an.

Juli mit Bildungsauftrag – Tsiribihina

Ein kleines Kind wischte erst ganz vorsichtig, dann etwas beherzter an meinen Bein – doch diese komische weiße Farbe ging einfach nicht ab 🤓.

Am nächsten Morgen saß mein kleiner Fanclub bereits bereit und wir teilten großzügig unser Frühstück mit ihnen.

Geteilt schmeckt doppelt so gut – Tsiribihina

Dann fuhren wir noch einen letzten Vormittag durch die weiten Landschaften.

Unterwegs – Tsiribihina

Und erspähten nochmal fünf Krokodile, das größte davon etwa 2m. Da verkniff man sich die Hände oder Füße kurz ins Wasser zu halten.

11 Uhr legten wir endgültig an und stiegen wieder in einen Jeep. Die Straßenverhältnisse, die sich dann eröffneten, waren alles andere als rückenfreundlich. Es ging zwei Stunden eine rote Buckelpiste entlang.

Wir mussten etwas an der „hochmodernen“ Fähre am Fluss warten, sodass wir den Konvoi mit Militärschutz in den Norden zum Tsingi Nationalpark natürlich verpassten.

Urige Fähre – Tsiribihina

Ich erwartete also hinter jedem Busch einen Banditen. Oder fallen sie vielleicht von den Bäumen? Unser Fahrer legte den Racing Modus ein und wir flogen fast über den roten Boden. Wir hatten noch vier Stunden Fahrt vor uns und die Tankanzeige war bereits im roten Bereich – Sprit konnten die Gangster uns schon mal nicht nehmen😜.

Wir holten den Konvoi auf halber Strecke ein und so kamen wir ohne Überfall in Bekopaka an. Am nächsten Morgen ging es wieder um 7 Uhr bereits mit Klettergurt los. Es stand der Besuch des Tsingy de Bemaraha Nationalparks an.

Rundblick – Grande Tsingy

Wind und Wasser haben hier durch Erosion ein Kalksteinmassiv allmählich so ausgewaschen und geformt, dass ein gigantischer „Teppich“ aus bis zu 30m hohen Felsnadeln mit bizarren Formen entstanden ist.

Tony hält – Grande Tsingy

Bevor man jedoch den Ausblick des Grande Tsingy genießen konnte, schlugen wir uns durch dichten Wald, beobachteten Lemuren beim Frühstück, krochen durch eine Grotte, zwängten uns durch enge Felsspalten und sicherten uns beim Aufstieg mit dem Klettergurt.

In Aktion – Grande Tsingy

Über Hängebrücken – Grande Tsingy

Durch Spalten – Grande Tsingy

Am nächsten Tag machten wir zur Vervollständigung noch den Petite Tsingy. Hier ging es zuerst erneut mit einer Pirogue den Fluss entlang – Tonys Po war darüber nur mäßig erfreut. Doch es wurde wettgemacht mit dem Besuch von zwei Höhlen. Hier erfuhren wir viel über die Sitten und Gebräuche der Sakalava, dem lokalen Stamm.

Klein machen – Petit Tsingy

Als wir bei der anschließenden Wanderung eine kleine Trinkpause machten, fragte unser Guide ohne jegliche Vorwarnung oder Einleitung: „Wie läuft eigentlich die Beschneidung in eurem Land ab?“ „Hä, wie kommt er jetzt auf Blumen beschneiden“, dachte ich in meiner naiven Art. Als er sich dann aber in den Schritt fasste, wurde uns klar, dass er DIE Beschneidung meint.

Diese interessante Geschichte kann ich nur bei einem Rum, der bei dem Akt auch reichlich konsumiert wird, erzählen! 😱

Es stand noch ein Highlight jeder Madagaskar Reise an: Die Allee der Baobab! Hier stehen auf etwa 260m 25 jeweils knapp 30m hohe Affenbrotbäume.

Gemeinsamer Sprung – Allee der Baobab

Die bis zu 800 Jahre alten Bäume, werden „Mutter des Waldes“ genannt und sind der Rest der dichten tropischen Regenwälder, die es einst auf Madagaskar gegeben hat.

Tony steht Kopf – Allee der Baobab

Über die Jahre wurden die anderen Bäume gefällt, um Felder für den Acker- und Reisanbau anzulegen, während die Affenbrotbäume von den Einheimischen aus Respekt verschont wurden und jetzt wie Mahnmale in der Landschaft stehen.

Sunset – Allee der Baobab

Trotzdem war es einer der schönsten Sonnenuntergänge die wir erleben durften.

Nun heißt es zurück in die Hauptstadt, wo morgen unser Flieger mach Nosy Be geht. Es trennen uns nur noch 15h Busfahrt und eine Taxifahrt durch das nächtliche Tana.

Wir melden uns wieder – dann von den Traumstränden der Inselwelt des Nordens.

Tony & Juli

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