Es war mal wieder Zeit, unser Carnet de Passage zu verlängern bzw. unsere Entzugserscheinungen nach Abenteuer mussten gestillt werden.
Sonst geben wir Toyo bereits vor unserer Ankunft in eine „vertrauensvolle“ Werkstatt, doch in Mombasa hatten wir uns dagegen entschieden. Wir wollten Toyo auch mit neuen Stoßdämpfern verwöhnen. Unser Autobauer Tom und unsere Internetrecherche hatten die australischen Though Dog Stoßdämpfer empfohlen und wir fanden sogar einen Vertriebshändler in Nairobi. Long Story short: Nachdem Motto: „Kunde droht mit Auftrag“ reagierte der Händler in Nairobi natürlich nicht. Ich schrieb dem Offroad-Club von Nairobi, ob sie da nicht jemanden „kennen würden“ und plötzlich wurden unsere Stoßdämpfer bestellt… Wir sollten 800€ auf ein kenianisches Konto überweisen und man verblieb mit „wir bauen sie dann ein, wenn ihr da seid“.
Wir hatten auch einen Kontakt (natürlich nur über WhatsApp) mit einer Bearbeiterin des kenianischen ADAC, die uns unser Carnet de Passage „umstempeln“ sollte – auch in Nairobi.
Also ging unser Flug von Berlin über Doha über Nairobi nach Mombasa (Toyo steht in Mombasa). Wir sollten morgens um 8 Uhr landen und hatten den Tag voll durchgeplant (putzen, auspacken, einkaufen und bereits ein Stück Richtung Nairobi fahren).

Doch es schlich sich bereits in Doha der Fehlerteufel ein – 2h standen wir vor dem Rollfeld, weil „ein Dokument vom Flieger“ fehlte?! Wir hatten nur eine Stunde Umstiegszeit in Nairobi, sodass wir unseren Anschlussflug ohne uns befürchteten.
Kurz vor Landung (zur Abflugszeit der Mombasamaschine) wurden wir im Flieger ausgerufen (mit vier anderen), dass wir gesondert abgeholt werden. Es machte sich in mir ein Fünkchen Hoffnung breit, dass die Maschine wartet (oder setzt man uns sechs einfach in eine kleine Privatmaschine nach Mombasa?!).
Ich kann verraten: keiner wartete! Eine Dame vom Flughafen (keine offizielle Kleidung) sammelte uns ein, wir bekamen unseren Einreisestempel für Kenia und sie begleitete uns zum Gepäckband – keine Infos wie es weitergeht. In der Qatar App sah ich, dass man uns auf 19:30 Uhr nach Mombasa umgebucht hatte… 13h am Flughafen Nairobi, wo es nichts gibt?! Wir flehten die Dame am Schalter an, uns wenigstens auf die 13 Uhr Maschine umzubuchen – fully booked, aber wir sollten uns zu 13 Uhr ans Gate setzen, falls jemand nicht erscheint, können wir mitfliegen. Unser Gepäck wurde zusammen mit den anderen Deutschen vom verpassten Flug eingecheckt (ich hatte gleich zu bedenken gegeben, dass es jetzt nicht zu Verwechslungen kommt, aber die Dame meinte etwas genervt, dass sie das im Griff hat).
Wir saßen wie die traurigsten Gestrandeten in der ersten Reihe am Gate (ab 10 Uhr). Ach und bitte denkt nicht, dass wir irgendwelche Gutscheine/Vouchers oder irgendwas als Entschädigung angeboten wurde.
11:30 Uhr dann Bewegung, uns wurden nichts sagend unsere Pässe abgenommen (in der App waren wir dann auf den 13 Uhr Flug umgebucht), doch noch ohne Platz und Boardkarte. Wir mussten beobachten, wie sich dieses ausgebuchte Flugzeug immer weiter füllte, dann Last Call und man überreichte uns zwei Boardkarten. Aber was ist mit unserem Gepäck? Ein Mitarbeiter wollte sich drum kümmern und wir sollten schon einmal einsteigen. Also natürlich übers Rollfeld zum Flugzeug laufen… Da sehe ich doch, dass natürlich die Koffer der anderen Deutschen (wir wissen nicht, wo die abgeblieben waren) fälschlicherweise unsere Gepäcketiketten trugen. Wir riefen „Stop, stop!“, eilten übers Rollfeld und suchten unsere Rucksäcke selbst. Kurze Verwirrung – diese wurde damit gelöst, dass die falschen Etiketten abgerissen wurden und unsere Rucksäcke als letzte Gepäckstücke mit einem Traktor zum Flieger gebracht wurden.

Wir kamen also mit nur fünf Stunden Verspätung in Mombasa an. Hedi, unsere Schweizer Gastmutter, hatte in der Zeit beschlossen, dass heute nichts weiter passiert – sie hatte Abendessen gekocht und uns ein Zimmer richten lassen.

Nachdem wir nur sehr halbherzig unser Gepäck eingeräumt hatten, fielen wir ins Bett. Am nächsten Morgen starteten wir zeitig, um den Verkehr von Mombasa zu umgehen und um nach Nairobi zu kommen wegen unserer ganzen Termine (genau heute läuft das Carnet ab🫣). Bei 534 km mit unzähligen Dörfern, langsamen LKWs und korrupten Polizisten war es unmöglich, zu irgendeiner Geschäftszeit Nairobi zu erreichen.
Mist, was nun? Etwas geknickt kamen wir in unserem Zweit-Zuhause in Nairobi, der „Jungle Junction“ an. Ich bin ein bisschen Fan-Girl vom Besitzer. Er hat hier in Afrika wirklich schon alles erlebt. In den 80er ist er mit dem Motorrad auf den Kilimandscharo gefahren – vllt 😎…
Ich kann nichts Genaues sagen, aber das Carnet wurde auf dem kurzen Dienstweg gestempelt. Die Road Tax für Kenia und den lokalen Versicherungschein hatte ich vorsichtshalber schon zuhause „aktualisiert“.
Den nächsten Tag ging es zur Werkstatt, wo wir wirklich erwartet wurden und unsere Stoßdämpfer bereit lagen. Zusammen mit dem Social Media Team der Werkstatt und von Though Dog Kenya.

Tony wurde interviewt, es gab eine Insta Story über Toyo, der Chef vom Offroad-Club Kenia kam vorbei und alle waren ganz aufgeregt. Wir fragten höflich, wie lange der Service und Einbau dauert: „4-5h – kein Problem“. Ich kann erneut verraten, dass wir in einem Zimmer und nicht in Toyo geschlafen haben, weil er nicht fertig wurde. Der Frontstabilisator war noch verschlissen und musste besorgt werden.


Wir machten das Beste draus. Die Werkstatt-Jungs setzten uns an einem schönen Restaurant ab und am nächsten Tag besuchten wir das Karen Blixen Museum.

„Jenseits von Afrika“? Klingelt es da nicht bei euch? Die autobiografische Verfilmung der dänischen Autorin, gespielt von Meryl Streep und ihrem Lover Robert Redford. Absolute Guck-Empfehlung! Und ich sag euch, die Märkte sehen noch exakt so aus.
Da sich die Werkstatt noch nicht gemeldet hatte, vertrieben wir uns den Nachmittag auf dem Farmers Market und probierten uns durch das lokale Bier und Köstlichkeiten.

Doch um 15 Uhr beschlossen wir, zur Werkstatt zu gehen, um etwas Präsenz zu zeigen, und wir konnten Toyo nach weiteren zwei Stunden warten mitnehmen.
Den letzten Feinschliff bekam Toyo in der Werkstatt von Jungle Junction und dann rollten wir vom Hof.

Unser erstes Ziel außerhalb einer Werkstatt war der Mt. Kenya Nationalpark. Wir sprangen in die Wanderschuhe und es ging durch den Regenwald zu einem Wasserfall.

Das Besondere an der Campsite war, dass man den Gipfel des Mt. Kenya sieht. Als wir ankamen, hing er wie so oft in den Wolken… Wir machten unser erstes Feuer und genossen den ersten Abend in dieser alm-ähnlichen Umgebung.


Am Morgen wachte ich auf und man sah etwas mehr als am Vortag, und dann riss es binnen fünf Minuten komplett auf.

Das hatten wir aber wirklich verdient nach dem holprigen Start. Wir fuhren entlang der Westseite des Berges, bis dann das nächste Highlight wartete – ToYo überquerte das erste Mal den Äquator.

Ich hatte online nur Seemannsbräuche gefunden, sodass wir einfach einen Schnaps tranken.
Im nächsten Dorf Nanyuki machten wir kleine Erledigungen und ich hatte gelesen, dass dieses Dorf für sein Kamelfleisch bekannt ist. Ich fragte den Jungen von der Tankstelle, wo der Place to be ist.

Wir bestellen Kamelfleisch und für jeden ein Glas Kamelmilch. Fazit: Das Fleisch war super lecker, die Milch hat doch etwas speziell geschmeckt…sehr gesund.

Unser Nachtlager schlugen wir auf dem Laikipia Plateau auf. Wir hatten uns die Wakumbe Hill Campsite rausgesucht in einem von der Community betriebenen „Schutzgebiet“. Also gelesen hatten wir, dass man zur Sicherheit zwei Ranger an die Seite bekommt während der Nacht.

Aber als wir ankamen, war nur die Community-Katze motiviert und wir sagten den Jungs, dass wir recht erfahren sind und keine Ranger brauchen, das war für sie auch okay.

Es handelte sich um Wildcamping, es gab auf dem Plateau „nichts“, nur Wildnis und tolle weite Fernsicht.

Weiter führte uns der Weg an der Kante des ostafrikanischen Grabenbruches zu dem Salzsee Bogoria mit seismischer Aktivität.


Die Campsite lag an der heißen Quelle und so gönnten wir uns ein Bad im warmen Wasser und rieben uns mit dem bestimmt sehr heilsamen Schlamm ein (unsere Füße werden immer noch „geheilt“).


Am nächsten Tag erkundeten wir den See, aber um gestärkt für den Tag zu sein, musste ein Frühstücksei her, was natürlich im kleinen Geysir gekocht wurde.

Einige Wege waren überflutet, sodass wir Toyo abstellten und uns zu Fuß aufmachten. Scheinbar kommen da aber nicht so viele vorbei, als wir die einzige Frischwasserzulauf des Salz-Sees fanden, erschraken sich sämtliche Krokodile und Vögel und flüchteten erst einmal, aber wir wollten doch unsere neue Kamera einweihen.

Kurz danach entdeckten wir auch die versprochenen Flamingos, da scheinbar recht hoher Wasserstand war, standen sie nicht wie sonst grazil im Wasser, sondern schwammen wir eine „gewöhnliche“ Ente, dadurch verlieren sie etwas von ihrem Reiz.


Weiter ging die Route durch den ostafrikanischen Grabenbruch mit zahlreichen Stops um die Aussicht zu bewundern.

Und weiter auf der anderen Bruchkante wieder nach oben nach Iten – die Heimat der kenianischen Marathonläufer. Das ganze Dorf trägt Laufschuhe, überall gibt es Runner Unterkünfte und jeder rennt hier auf 2400 Höhenmetern.

Wir überlegten, ob wir diese klassische Mid-30-Krise bedienen und hier mit einem Marathontraining beginnen oder einfach nur eine Wanderung entlang der Bruchkante machen.

Unser Guide war 18 und kannte jeden auf dem Weg. Die Wanderung begann im Dorf, dann durchquerten wir das Maisfeld vom Onkel, kreuzten das Spiantbeet vom Cousin und da er merkte, dass wir für „Weiße“ recht fit und trittsicher waren, wurde es eine Kletterei bis zu wirklich jedem Steinvorsprung mit Ausblick ins Tal.

Natürlich ist er auch Runner, seine 5km Zeit ist 16min, er ist noch zu jung für Marathon, aber natürlich kennt er auch den Gewinner des Berlin Marathon von vor zwei Wochen – netter Typ.
Er erklärte uns, dass nicht die Höhenlage das Erfolgsgeheimnis ist, sondern man müsste „schnelles Essen essen“, er meinte damit schnelle Tiere wie z.B. Hase 🫣.

Langsam führte uns der Weg Richtung Grenze nach Uganda. Unser letzter Stop war das Städtchen Kitale. Wir nutzten den Ort, um unsere letzten kenianischen Schilling für Vorräte auszugeben, tankten voll und stärkten uns in einer kleinen kenianischen Garküche.

Wir wollten Ziege kosten, die gab es nur als 1/2 Kilo vom Grill, dazu jeder eine Rolex (Rüherei, welches in ein Chapati gerollt wird). Ich sag euch, die Ziege war so lecker, dass wir ein weiteres halbes Kilo bestellten.
So gestärkt konnte es zur Suam Grenze gehen. Hatten wir uns diese Grenze herausgesucht, weil sie noch im Bauprozess und deshalb noch nicht digital ist – vielleicht bzw. hoffentlich…

Mit einem etwas mulmigen Gefühl geht es ja immer zu afrikanischen Grenzübergängen, aber erst recht, wenn man möglicherweise relevante Dokumente nicht hat und eine mögliche Strafe von 500 US$ droht und vielleicht andere Dokumente am heimischen Drucker „aktualisiert“ wurden.
Unsere Taktik – Smalltalk, Darbietung unserer Swahili Kenntnisse und so zu schwärmen, dass man unbedingt wiederkommen will.
Ausreise Kenia ✔️
Für Uganda fühlte ich mich besser vorbereitet, hatte ich uns schon in Berlin das East African Visa beantragt und bezahlt, mussten wir hier nur noch unsere Fingerabdrücke abgeben.
Einreise Uganda ✔️

Musste nur noch ToYo einreisen – nächstes Gebäude, selber Smalltalk doch dann konnte man die Road Tax nur mit dem afrikanischen „Paypal“ bezahlen. Doch Hilfe nahte, wir gingen hinter die Grenze, tauschten am Straßenrand 10.000 kenianische Schilling in 260.000 ugandische Schilling, damit ging es in die nächste Bretterbude, wo es „eingezahlt“ wurde.

Willkommen Uganda! Bleibt gespannt, wie es weitergeht (wir sind es auch).
Eure Overlander
Tony&Juli