Going south – Namibia

Wie sicher alle gemerkt haben, habe ich meinen Insektenangriff gut überstanden. Ich denke es war nur eine Ameise. Der Rest der Nacht gestaltete sich unauffällig.

Am Morgen ließ uns die Lodgebesitzerin auf ihren 4×4 Trail. Wir mussten ihr aber versprechen, dass wir das zu gefährliche Stück auslassen. Tony nickte, doch ich wusste, dass er es deshalb erst recht fahren will. Wir ließen Luft von den Reifen und los ging es – anfangs durch trockene sandige Flussbetten und dann in die steinige Hochebene.

Off-road Juli am Steuer

Dann wäre der Umkehrpunkt gewesen, es gab eine erneute Abstimmung, ob weitergefahren wird. Ergebnis 50:50 und wieder rollten wir weiter und es ging direkt mit einer steilen steinigen Abfahrt los. Ich gab zu bedenken, dass wir das auch wieder hoch müssen, wenn wir umdrehen. Dieses Problem wurde an Zukunfts-Tony und Zukunfts-Juli vertagt. 

Nach einem einfachen Stück in der Ebene kam dann ein Pass mit Höhensprüngen von bis zu 60cm und selbst Tony (mit all seiner YouTube Erfahrung) sah ein, dass wir umdrehen mussten. So mussten wir dieses steile Stück wieder bergauf. Wir liebäugelten direkt mit einem stabilen Baum für die Seilwinde. Doch erstmal bauten wir die schlimmsten Steinstufen mit Steinen zu kleinen Rampen. Alles skorpionsicher, da diese ja bekanntlich gerne unter Steinen hocken – ich schupste die Steine erst um, um zu sehen ob einer darunter sitzt.

Man beachte rechts im Bild meine Steinrampe

Allrad + Untersetzung + hintere Differentialsperre mit durchdrehenden Reifen und viel Staub, aber es funktionierte.

Wirkt auf dem Bild nicht so steil, war es aber

Nach all der Aufregung musste eine Erholung her. Wir kehrten in die Neuras Winery ein und machten ein Weintasting. Es fing mit einem Rosé an und ich setzte all meine Hoffnung auf ihn, doch habt ihr schon einmal einen im Eichenfass gereiften Rosé getrunken – sehr speziell. Die Roten waren da schon runder vom Geschmack und einer fand den Weg in unser Autoweinlager.

Danach ging es weiter nach Süden in den Namibrand Nationalpark und hier ist der Weg das eigentliche Erlebnis – menschenleere Weiten auf der einen Seite die Namibwüste auf der anderen Straßenseite die Tirasbergkette – D707 eine Straße, die man einmal gefahren sein sollte.

Zwischen Wüste und Berge

Wir fanden eine Campsite und waren durch unsere ersten Fladenbrotergebnisse so motiviert, dass wir es direkt erneut versuchten – diesmal ohne Backmischung. Ich hatte in einem kleinen Store auf dem Weg Mehl gekauft (kleinste Tüte waren 2,5kg!!!) und so rührte ich Mehl, Trockenhefe, Wasser, Öl und etwas Salz zusammen, die Gehzeit wurde aus aktueller Hungersituation wegrationalisiert und so landeten die Fladen auf dem Rost. 

Ich denke unser Ergebnis konnte sich sehen und vor allem duften lassen, denn es lockte Besucher an.

Der Dieb – ein neugieriger Schakal

Am morgen wollten wir einen kleinen Morgenwalk machen, doch dieser artete mal wieder in eine 8km Wanderung ohne Wasser aus, sodass wir dann aber guten Appetit auf das Frühstück hatten. Unterwegs fanden wir Antilopen, Wildpferde, Kudus und Mongoose.

Der Weg war das Ziel

Danach zog es uns erneut an den Ozean unser Stop war Lüderitz – doch es war Sonntag und so wirkte es wie eine Geisterstadt. Wir fanden nur ein offenes Restaurant, aber es erfüllte all unsere Ansprüche – frisches Seafood. Es gab Austern und dann Languste – beides sehr lecker. Als dann ein Reisebus mit deutschen Touristen hielt, ergriffen wir schnell die Flucht.

Wir essen regional und saisonal

Wir waren auf der Suche nach einem Schlafplatz und ich hatte die Halbinsel mit Dias Cross Point auserkoren. Hier war Bartolomeus Dias 1488 auf seiner Suche nach der Umrundung der Südspitze Afrikas angelandet und hatte, wie man das so macht, wenn man als erster irgendwo anlandet, das Revier markiert.

Schnell weiter – zu windig

Es war so windig und kalt, dass wir entschieden, diese salzige Luft ist sicher nicht gut für ToYo und dass wir lieber wieder in die Stadt fahren – natürlich nur wegen dem Auto 😉

Fällt euch auf, dass sich Lüderitz sehr deutsch anhört? Richtig Adolf Lüderitz (Bremer Kaufmann) erwarb 1883 diese Bucht vom ortsansässigen Häuptling, doch er betrug den Häuptling – für 10.000 Reichsmark und 260 Gewehre wurde die Bucht im Umkreis von 5 Meilen abgekauft. Der Häuptling ging von den damals gebräuchlichen englischen Meilen (1,6km) aus, doch Lüderitz forderte geografische Meilen (7,4km). Der Protest der Einwohner verlief im Sande und so verlor der Häuptling ein Großteil seines Stammesgebietes – nur eines der Beispiel der unangemessenen deutschen Kolonialzeit…

Wir schauten bei dem Wind den Sunset im Auto. Als es dann dunkel war, wollten wir umparken und bemerkten, dass unser Abblendlicht und die Lazer Zusatzscheinwerfer nicht funktionieren. Es ging nur das Tagfahrlicht und das Rücklicht. Mit unseren letzten mobilen Daten recherchierten wir mögliche Ursachen – Sicherung, Relais, Lichtmaschine?

Am nächsten Morgen teste Tony die Sicherungen und leider waren die alle in Ordnung. Leider, weil dann muss das Problem größer sein. Wir schrieben einem erfahrenen Landcruiser Overlander, den wir in Sossusvlei kennen gelernt hatten und wie es der Zufall wollte, waren diese Schweizer Landcruiser Fahrer ebenfalls gerade in Lüderitz und hatten auch ein Elektroproblem. Wir trafen uns in Udos Werkstatt. 

Zwei Toyota mit Elektronikproblem

Udo ein Namibiadeutscher schaute sich beide Autos an und kam auch zu dem Schluss, dass er uns mal lieber zum Elektriker bringt. So verbrachten wir den Vormittag auf dem Hinterhof einer Werkstatt und nahmen da auch unser Frühstück zu uns.

Erschreckend finde ich, dass immer erstmal alles schlimmer aussieht, wenn Verkleidungen und Co abmontiert werden um an die kaputten Dinge ranzukommen.

Es sieht immer schlimmer aus

Aber das kaputte Relais (für die Automechanikerneulinge unter uns, ist das ein, so habe ich es zumindest verstanden, ein durch Strom betriebener, fernbetätigter Schalter). Er hatte nur ein allgemeines Relais da und kein spezielles von Toyota, aber wir nahmen alles was wir bekommen konnten – es funktioniert sehr gut. So ging es zur Kasse notfallmäßige 2,5h Arbeitszeit mit Relaiswechsel – 28€, ich habe keine Ahnung, aber denke, dass das ein fairer Preis ist, oder?

Unser eigentlicher Tagesplan beinhaltete die Geisterstadt Kolmannskuppe. Beim Bau der Eisenbahnstrecke nach Lüderitz 1908 fand ein Arbeiter einen ungewöhnlich aussehenden Stein und zeigte ihn seinem deutschen Arbeitgeber. Dieser erkannte den Stein als einen Diamanten und so entwickelte sich in Kolmannskuppe eine reiche deutsche Siedlung. Anfangs konnten die Diamanten einfach vom Boden aufgelesen werden, hunderte von Arbeitern krochen auf den Knien herum und sammelten Diamenten ein – wie verrückt ist das.

ToYo traut sich in die Geisterstadt

Das kleine Museum zeigt, wie dann auch zügig versucht wurde die Diamanten zu schmuggeln – in der Schuhsohle, an eine Brieftaube gebunden oder mit Pfeilen aus dem Gebiet geschossen.

Er muss immer baden

Wir erkundeten, dass alte Krankenhaus und das Arzthaus – was soll ich sagen – wer auf Sand im Wohnzimmer steht. Es ist schon skurril, wenn in dieser Umgebung alles deutsch beschriftet ist.

Arzthaus und Krankenhaus besichtigt

Danach trafen wir uns mit dem Schweizer Landcruiser in der Bucht, sie hatten 30 Austern frisch vom Austernbauern (nennt man den so?) gekauft. Ein YouTube Video später waren wir Experten im Austern öffnen mit einem einfachen Messer. Zitrone und ein Prosecco machte den Nachmittag perfekt.

Frische Austern am Meer selfmade geöffnet

Da wir in eine Richtung wollten, beschlossen wir, nachdem uns unser Werkstattaufenthalt zusammen geschweißt hat eine temporäre Reisegruppe zu werden. Wir konnten noch so viel von ihnen lernen, da sie schon seit über vier Jahren in dem Landcruiser unterwegs sind.

Am nächsten Morgen führte uns der Weg zum Oranje den Grenzfluss nach Südafrika. Oranjemund, das Städtchen wo der Oranje in den Atlantik mündet, hatte außer einem windigen Strand nicht so viel zu bieten.

Kleiner Stop in Oranjemund

Als wir wieder aufbrachen, wollten wir Diesel vom Zusatztank in den Haupttank pumpen, bemerkten aber, dass sich nichts tat. 

Ups, was ist da schon wieder?!

Tony jetzt bereits Experte im Sicherungen durchmessen, stellte erneut wieder fest, dass es wieder nicht an der Sicherung liegt. Wir stellten direkt eine Verbindung zu Tom her – mit dem Ergebnis – wir sollen mit dem Haupttank nach Windhoek fahren und dort uns in der Partnerwerkstatt eine neue Pumpe einbauen lassen, die liege dann dort für uns bereit – danke für die tolle und schnelle Hilfe.

Es führte jedoch dazu, dass wir eine Excel Tabelle anlegten mit allem was kaput geht während der Reise, wir hoffen aber noch, dass sie nicht weiter gepflegt werden muss. 

Die Fahrt führte uns weiter am Oranje entlang, der sogar endlich einmal Wasser führt im Vergleich zu den vielen Trockenflüssen. Sogar soviel, dass sich hier in Aussenkehr ein riesiges Tafeltraubenanbaugebiet entwickelt hat, was 20.000 Menschen beschäftigt. 

Der Oranje führt sogar Wasser

Unser Ziel waren aber nicht die Trauben, sondern ein 4×4 Trail. Jetzt wo wir eine Gang von zwei Autos waren, könnte man sich ja zur Not gegenseitig aus dem Schlamassel ziehen. Den Schlüssel für das Tor holte man sich (wo auch anders) im Spar Supermarkt im Dorf, erhält eine handgezeichnete Karte und los geht es.

Beginn des 4×4 Trail im Canyon

Die Strecke war super abwechslungsreich – steile Canyon, steinige Steinstufen, die Millimeter für Millimeter entlang rangiert  wurden, weite Ebenen und endete mit einem Blick über die Obstfelder.

Blick übers Tal

Die Jungs meinten, dass die abgelassene Reifenluft ausgenutzt werden muss und da passte es, dass ein ausgewaschenes Flussbett zu einer Düne führte.

Sandfahrübung mit Expertenanleitung!

Kaffeepause auf der Düne

Für den Abend hatten die Mädels die heißen Quellen von Ai Ais rausgesucht und so erholten sich die geschundenen und staubigen Körper im Pool.

In der heißen Quelle entspannen – wie so oft ganz allein

Wusstet ihr, dass hier in Namibia der zweitgrößte Canyon der Welt ist – Fish River Canyon – 160km Länge, bis zu 27km Breite und bis zu 550m Tiefe.

Fish River Canyon

Leider darf man ab November keine Wanderungen mehr in den Canyon unternehmen, da im Sommer die Temperaturen über 50Grad im Canyongrund erreichen können und es somit einfach zu gefährlich ist.

Leider zu hot für Hiking

So konnten wir nur die Canyonkante mit ToYo entlangfahren.

Dann eben nur von oben

Unser letztes Nachtlager als Gang schlugen wir erstmals (für uns) komplett wild am Nautedamm Stausee auf. Wir stellten uns mit Blick aufs Wasser auf und machten ein letztes gemeinsames Lagerfeuer.

Wilde Nacht

Als Tony plötzlich, als er zum Auto ging (ohne Lampe in FlipFlops), „Schlange und die faucht mich an“ rief, machte sich allgemeine Unruhe gepaart mit Neugier breit.

Vielleicht zu wild

Wir beschlossen alle einstimmig, dass diese Wüstenhornviper (laut Google giftig, aber Mutti keine Angst nicht tödlich) lieber die Nacht wo anders verbringt, so wurde sie mit dem Spaten ins Hinterland verwiesen (natürlich ganz tierfreundlich nur etwas geschupst und mit genug kleinen Verschnaufpausen).

Erneut wurden die internen Sicherheitsstufen erhöht – es darf nur noch mit Licht im Dunkel rumgelaufen werden und die Türen werden geschlossen.

Glaubt es oder nicht, aber ich musste in dieser Nacht nicht Pipi.

Am Morgen ging es wieder allein weiter – erster Stop war der Köcherbaumwald.

Köcherbaumwald

Der Name rührt daher, dass die San (hier ansässige Tribe) die Äste aushöhlte und als Köcher für ihre Pfeile nutzten. 

Um die heiße Mittagssonne zu umgehen, traf es sich, dass wir noch einen kleinen Off-road Trail fanden, der auch nicht zu anspruchsvoll aber voller Klippschliefer war.

ToYo schafft alle Strecken

Unser weitere Plan war die kurze Besteigung des Brukkaros Krater als Nachmittagsaktivität. Das klappte auch noch sehr gut, doch die Zeit verging schneller als gedacht und die Sonne begann weiter zu sinken.

Schnelle Kraterbesteigung

Die Idee im Dorf beim Krater zu tanken erledigte sich, weil die „Tankstelle“ bereits ab 18 Uhr geschlossen war. Also entschlossen wir uns weiter ins Dorf Gibeon zu fahren (hier war laut Reisefüher und App eine Campsite und eine Tankstelle sein sollten – also alles was wir brauchten). Unsere Tanknadel bewegte sich nach all den off-road Strecken zügig Richtung Ende. Der Weg ins Dorf führte durch kleine, sehr sandige Straßen und deshalb auch zu höherem Dieselverbrauch. Hinzu kam, dass die Sonne untergegangen war und wir versuchten einen Mittelweg zwischen dieselsparender Fahrweise und zügig im Hellen anzukommen. Rückblickend ging beides schief, wir kamen mit seit >40km leuchtender Tanzanzeige im stockdunkeln in Gibeon an. 1. Schock, wo wir eine Tankstelle vermuteten war nichts außer Ruinen. 2. Schock die Campsite war genauso dunkel und verlassen. Wir hatten Angst jeden Meter liegen zu bleiben und beschlossen, dass hinter der Kirche ein „sicherer“ Platz sei. Ich hoffte, dass man einfach nicht hinter der Kirche überfallen wird – das macht man doch nicht auf dem Hof Gottes. Wir beschlossen kein Licht anzumachen um kein Aufsehen zu erregen, Tony lief kurz mit der Taschenlampe die Gegend ab, Abendbrot wurde aus Sicherheitsgründen gestrichen (Tony forderte ein Bier und ein Würstchen ein), Schlüssel steckte in der Zündung für möglichen Blitzstart. 

Es war eine schreckliche Nacht, aber vor allem weil unzählige Mücken ins Auto kamen. Wir haben eine elektrische Insektenklatsche, die wirklich jedes Getier weggebruzelt (unter normalen Umständen macht es wirklich Spaß), aber es waren zu viele bzw. mussten sie irgendwo reingekommen sein. Tony war regelrecht besessen und sprang halbstündlich durchs Auto und versuchte sie zu erwischen. Ich resignierte, sah mich eh schon lebenslang ohne Diesel hinter dieser Kirche in der Mückenhölle leben…

Ob wir jemals dieses Dorf verlassen haben – natürlich im nächsten Blog. 

Bis dahin – Eure hinter der Kirche hockenden

Tony & Juli

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