Es war einmal… – Georigen

In der zweiten Woche in Georgien ist wieder eine Menge passiert. Gestärkt durch das Heilwasser in Borjomi ging es noch etwas durch den kleinen Kaukasus.

Hier bot sich als erster Stopp die Rabati Festung in Achalziche an. Ein Schauplatz ständig wechselnder Besetzungen von Osmanen und Russen.

Blick über Festung – Rabat

Auf dem sieben Hektar großen Gelände finden sich deshalb auch eine Moschee, eine Synagoge und eine Kirche.

Unterwegs auf der Burg – Rabat

Ist euch aufgefallen, dass der Halbmond auf der Kuppel der Moschee fehlt? Der Überlieferung nach soll bei der letzten russischen Einnahme der Festung, der Halbmond mit einer Silberkugel bereits aus größter Entfernung abgeschossen worden sein und wurde dann nie wieder aufgesetzt!

On the Road – Georgien

Danach ging es entlang der kurvigen Straßen vorbei an weiteren Burgruinen zur Höhlenstadt Vardzia aus dem 12. Jahrhundert, die als Grenzfestung gegen Türken und Perser diente.

Höhlenstadt – Vardzia

Der Bauherr war der georgische König Giorgi III – Ich befürchtete langsam, dass es hier keine anderen Männernamen gibt!

Höhlenstadt – Vardzia

Für 50.000 Einwohner waren 3.000 Wohnungen auf 13 Stockwerken errichtet worden.

In den Höhlen – Vardzia

Die Baumeister nutzten Vor- und Rücksprünge für die Anlage tiefer Höhlen, die durch Tunnel, Treppen und Terrassen miteinander verbunden waren und von uns erkundet wurden.

Enger Tunnelgang – Vardzia

Dann ging es weiter östlich in die kleine Stadt Gori. Die böte kaum touristisches Interesse, hätte nicht ein armer Schuster mit seiner Frau am 21.12.1879 einen Sohn geboren. Dem geschichtskundigen unter euch dämmert es sicher schon – genau Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili – oder eher bekannt als Josef Stalin🤓

Stalin und Juli – Gori

Da konnten wir es uns nicht nehmen lassen das Stalin Museum zu besuchen. Pünktlich standen wir um 10 Uhr am Eingang und wollten zwei Tickets für die englische Führung erwerben. Wir starrten in verunsicherte Gesichter. Englische Touren macht nur die Managerin, wann die aber kommt?! Vielleicht in 10 oder in 40 min. So fühlt sich also Gleitzeit  an 🤓

Morgenrunde – Gori

Zur Überbrückung stiegen wir zur Burgruine von Gori auf, die auf einem Hügel über der Stadt thront. Wir waren aber pünktlich zurück und die Managerin hatte sich dann auch schon eingefunden und setzte eine Tour an.

Im Museum – Gori

In einem Museum aus Sowjetzeiten erwarteten wir natürlich keine reflektierte Ausstellung, die sich kritisch mit Stalins Leben und Wirken auseinandersetzt. Von den Verfolgungen und Hinrichtungen, die auf sein Konto gingen, zeugten nur ein bis zwei kleine Randnotizen. Getoppt wurde es nur von der Museumsangestellen, die mit verschränkten Armen und ohne eine Miene zu verziehen den einstudierten Text runterratterte. Nachfragen natürlich nicht erwünscht.

Stalins Wagon zur Potsdamer Konferenz – Gori

Unnützes Stalin Wissen:
Stalin erkrankte mit sieben Jahren schwer an Windpocken, diese hinterließen in seinem Gesicht viele auffällige Narben für die er in der Schule gehänselt wurde. Und mit zehn Jahren wurde er von einem Pferdewagen überfahren. Der mehrfach gebrochene linke Arm wuchs aufgrund einer Osteomyelitis nur verkürzt und verkrümmt zusammen – beachtet die Bilder, die es von ihm gibt.

Das war es dann aber auch an Highlights in diesem Städtchen. Selbst die Georgier bezeichnen die Bewohner als die „Ewig Gestrigen“ und so fühlte es sich hier auch ein wenig an…

On the Road – Heerstraße

Dann ging es auf die georgischen Heerstraße, die durch den Hohen Kaukasus führt und Georgien mit Russland verbindet.

Friedensdenkmal – Heerstraße

Zusammen mit armenischen, aserbaidschanischen oder russischen Nummernschildern quälten wir uns die Serpentinen lang.

On the Road – Heerstraße

Eigentlich wollten wir im Gletscherfluss Rafting machen, doch der Wasserpegel war Tony zu lahm (nur Schwierigkeitsstufe 2-3 von 6). Also musste ich was neues vorschlagen. Da sahen wir am Himmel über dem Kaukasus Paraglider.

Paragliding – Heerstraße

Bei wolkenfreiem Himmel mussten wir nicht lang überlegen und ließen uns an unsere Tandempartner binden.

Info an Muttis:
Wenn die Thermik gut steht ist es ungefährlicher als Fallschirmspringen! 

Juli fliegt los – Kaukasus

Es hat super viel Spaß gemacht, gab super Aussichten und uns wurde nicht schlecht! Also naja nach der Landung, die verrückt kurvig und mehrmals gescheitert war, war der Boden oder die Beine bissel wackelig und zumindest ich fühlte mich ein bisschen quackelig. Es dauerte fünf Minuten bis die Gesichtsfarbe wieder hergestellt war.

Am nächsten Morgen stand wieder eine Wanderung an. Konnte ich gerade noch Tony ausreden, dass wir eine Gipfelbesteigung des Kasbeks (5047m) machen (mind 3 Tage), einigten wir uns zumindest bis zum Gletscher auf 3300m zu gehen.

Gipfelblick – Kasbeg

Kasbek? Kasbek? Da war doch was? Richtig schlagt das Griechischbuch auf und haltet eure Leber fest.

Nicht ganz der Gipfel – Kasbeg

Exkurs griechische Mythologie (Tony erlaubt mir nur eine nerdfreie Kurzfassung):
Bei einem Tieropfer griff Prometheus zu einem Trick, um Zeus zu täuschen. Er überlässt ihm nur die wertlosen Teile des Opfertiers und behält das genießbare Fleisch für die Menschen, da sie seine Schützlinge sind. Zur Strafe verweigert Zeus den Menschen das Feuer. Darauf bringt Prometheus den Menschen das Feuer. Zur Strafe wird er an einen Felsen des Kasbek gefesselt und ein Adler frisst täglich seine nachwachsende Leber.

Körpereinsatz – Kasbeg

Nach über 13 Stunden Wandern und mehreren tausende Höhenmetern fielen wir nur noch ins Bett.

Päuschen – Kasbeg

Zurück – Kasbeg

Am nächsten Tag waren wir noch etwas angeschlagen, da passte die steigungslose Wanderung durch das Truso Tal. Jedoch glaube ich, dass es Schicksal war, dass nach der ersten Biegung uns ein „Horse Rental“-Schild anlachte.

Zu Pferde – Truso Tal

Es ging durch ein weites Tal mit steilen Hängen und Wildblumen.

Quelle – Truso Tal

Der Weg endete als uns zwei georgische Grenzsoldaten in den Weg stellten. Unsere Pferde brachten uns dann aber auch wieder sicher und bequem zurück.

Der letzte Punkt unseres Roadtrips war Tbilisi, die Hauptstadt des Landes. Wir erwarteten eine sowjetisch-ostige Stadt und wurden vom südlich geprägten Flair positiv überrascht.

Dolce Vita – Tbilisi

Die Stadt war Schnittpunkt mehrer Handelsrouten zwischen Europa und Asien, darunter der Seidenstraße und kam dazu schnell zu Reichtum und Bedeutung.

Wir nahmen an der besten Free Walking Tour des Landes teil. Wenn man ehrlich ist, gibt es nur diese hier in Tbilisi. Wie so oft gefielen uns die dreckigen Fassaden viel mehr als die herausgeputzten Häuser.

Alte Stadtvilla – Tbilisi

Für unseren letzten Tag hatten wir uns noch ein Highlight aufgehoben. Tbilisi bedeutet nämlich zu deutsch „warme Quelle“. Das Schwefelwasser der bis zu 46 Grad warmen Quellen wird seit Jahrhunderten in Badehäusern genutzt.

Was ist das? – Tbilisi

Da Schwefel nun einfach nach Schwefel riecht, mussten diese unscheinbaren Kuppelbauten das Badeviertel markieren.

Es gibt öffentliche Bäder und private Bäder. Da der georgische Mann sehr haarig und wohlgenährt ist, fiel die Entscheidung für eine private Kammer nicht schwer.

Im Badehaus – Tbilisi

Man buchte eine Stunde für 55 Gel (knapp 20€), erhielt ein Bettlaken als Handtuch und wurde von einer sehr bestimmten Dame in die Kammer gebracht. Dann hieß es abwechselnd Schwefelbad – kalte Dusche – Schwefelbad. Nach einer viertel Stunde wurde beherzt an die Tür geklopft und eine Dame mit Wischeimer kam herein. Ich musste mich nackig auf den Marmortisch legen und dann wälzte sie ihren Seifensack auf mir hoch und runter. Am Ende wurde man mit mehreren Eimer voll Wasser abgespült. Ich glaube so wäscht sie auch ihr Pferd.

Lustig wurde es dann als ich in ein Bettlacken gehüllt die Tür für Tonys Masseur öffnete! Ein uriger Georgi trat durch die Tür, warf den goldenen Bademantel von sich und trat mit seiner ganzen Körperbehaarung und seinem Wischeimer zu Tony, der sich direkt ehrfürchtig auf dem Marmortisch eingefunden hatte.

Georgi seift Tony ein – Tbilisi

Dann hieß es zurück nach Kutaisi. Da wir so gut durchfahren konnten, machten wir noch einen Stop an der Sataplia Höhle.

In der Höhle – Sataplia

Hier fanden wir neben einer schönen Tropfsteinhöhle auch Millionen Jahre alte Dinosaurierfußabdrücke.

Dinofußspuren – Sataplia

Den letzten Abend ließen wir bei Bier und Chinkali ausklingen.

Chinkali – Tbilisi

Zum Schluss die absolute Georgien Weisheit – damit punktet ihr direkt:
– Chinkali werden mit der Hand gegessen, keinesfalls mit Messer und Gabel.
– Zuerst ergreift man den Strunk. Die Teigtasche wird aufgebissen und der Saft herausgeschlürft, dabei sollte keine Flüssigkeit verloren gehen. Gelingt einem dies, steigt man im Respekt der Georgier.
– Danach isst man den Rest.
– Der Strunk kann mitgegessen werden oder wird zum Zählen übrig gelassen.

Chinkali-Wettessen ist ein beliebter Sport unter georgischen Männern. Das sieht man ihnen auch an 😉

Das war es von uns aus dem wilden Transkaukasien. Das Resümee: Georgien ist tolles Land, super nette Leute, leckeres wenn auch mächtiges Essen und zauberhafte Landschaften!

Bis zum nächsten Abenteuer

Juli & Tony

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