Wir flogen also über die Kalahari und hielten Ausschau nach den Löwen, doch leider konnten wir sie nicht entdecken. Dafür fanden wir aber die ein oder andere Straußenfamilie auf dem Nest brütend, über ganz Kleine bis zu „Teenagern“.
Am Abend kochte Val für uns Seswaa, das ist das Nationalgericht von Botswana und gemacht für den Bush. Es werden Fleisch (in unserem Fall Gnu-Filets), Karotten, Zwiebeln und Kürbis (das Gemüse richtet sich nach der aktuellen Verfügbarkeit – Oh, dass muss ich euch noch sagen, aktuell gibt es keine Tomaten in Botswana, weil weniger importiert werden soll – ganz schlimm für mich als Tomaten-Liebhaber) in Stücke geschnitten im Potje über dem Feuer angebraten, gewürzt, mit Wasser abgelöscht und dann köchelt es vor sich hin – die nächsten 6 Stunden!
Am Ende ist das Fleisch zerfallen und man hat einen riesigen Topf pulled Gnu und bekommt auch nichts mehr von diesem Gemüse mit 😉 Dazu gibt es meist Pap, diese afrikanische weiße Polenta (so beschreib ich es gern) auch aus einem Potje über dem Feuer. Das beste daran ist die angebratene Außenschicht, die ein wenig wie Popcorn schmeckt und sich sehr gut mit etwas Kräuterbutter macht.
Am nächsten Tag standen die normalen Aufgaben an und wir versuchten fleißig zu helfen. Es mussten die Speicherkarten der Tierkameras von den vier Wasserlöchern gewechselt werden.
Zurück im Camp ging die eigentliche „Arbeit“ erst richtig los. Die über 8000 Bilder haben wir gesichtet und mussten entscheiden, welche Bilder es schaffen, dann auf der Patreon Seite und anderen Social Media Seiten vom Modisa Wildlife Project veröffentlicht zu werden oder für wissenschaftliche Auswertungen archiviert werden.
Tony war sehr streng bei der Auswahl. Ich hätte sicher jedes Bild von den süßen Schakalen abgespeichert. Aber es ist auch eine Menge „Spam“ dabei, wenn z.B. Schmetterlinge vorbeifliegen oder ein Schwarm Webervögel ihr Unwesen am Wasserloch treiben.
Als es nicht mehr so heiß war, konnten wir mit Caramel der süßen Caracaldame noch einen Spaziergang machen. Mit Funkgerät bewaffnet, falls das eifersüchtige Straußenmännchen Mars uns zu nahe kommt, oder sich die drei Löwen blicken lassen.
Und Caramal konnte an diesem Tag kein Ende finden, schnüffelte an jedem Grashalm (wir haben auf der Tierkamera auch noch einen anderen Caracal entdeckt, vielleicht hat Caramal ihn gerochen und nun startet eine Art Bush Dating?)
Natürlich wurde auch die Löwin Sirga, die von Val mit der Hand aufgezogen wurde nicht vernachlässigt. Sie schwächelte etwas, kam nicht direkt auf Vals Rufe und brüllte nicht. Alle sorgten sich, dass sie eine Infektion haben könnte, da sie ein paar Tage zuvor eine Auseinandersetzung mit einem Leoparden hatten (am Ende hatte sie den Leoparden auf einen Baum gescheucht und er musste dort die ganze Nacht ausharren), oder da sie kurz zuvor läufig war, könnte sich auch leicht eine Art Gebärmutterinfektion bilden bei fehlender Befruchtung (keine Angst ich Sattel jetzt ich mehr auf Tiermedizin um, dass waren die Überlegung des Tierarztes), aber es sollte mit Antibiotika begonnen werden (für die Interessierten – es gab Amoxicillin + Clavulansäure in doppelter Menschendosis) und schon am zweiten Tag ging es ihr deutlich besser.
Die Tablettenapplikation erfolgte wie es sich für eine Löwin gehört in einem Stück Filet vom Gnu oder Orxy (vielleicht würde das dem ein oder anderem Patienten auch zu seiner regelmäßigen Medikamenteneinnahme motivieren).
Unser letzter Abend näherte sich und deshalb fuhren wir nochmal zur Düne und schauten dort zusammen mit einem kühlen Getränk den Sonnenuntergang.
Danke für wieder einmal fünf unvergessliche Tage, die wir bei euch verbringen durften. Danke, dass wir Teil eures Alltags sein durften.
Val und Sarah haben noch wieder weitere tolle Ideen und Projekte, die nach und nach umgesetzt werden. So versuchten wir noch am letzten Tag die Wildbienen zu motivieren in den Bienenkasten einzuziehen, dass Honig fürs Camp und dann von den Dorfbewohnern selbstständig gewonnen werden kann.
Durch kleine Motivationsversuche mit Honig gelang der Einzug des Bienenvolkes – ich denke da sollte die Namensfindung für die Bienenkönigin leicht fallen – ist Julia nicht ein royaler Name?! 😉
Doch nun mussten wir wirklich weiter. Es lag ein Strecke von circa 9h vor uns – unser nächstes Ziel war der Kuthse Nationalpark (der südliche Anteil der Central Kalahari). Wir versuchten wirklich dieses mal eine Reservierung für die Campsites im Nationalpark zu machen, aber die Website vom offiziellen Wildlife Department war down, auf Emails wurde nicht reagiert, ans Telefon ging niemand und bei dem Büro des Wildlife Department in Tsabong war niemand. Also probierten wir unser Glück und machten es nach der typischen Cramme-Adam-Reisen-Manier und fuhren zum Gate – drei bemühte Damen kümmerten sich um uns und wir warteten geduldig, auch wenn sie 40×2 in den Taschenrechner eingeben mussten und nach einer knappen Stunde hatten wir auf einem formlosen Stück Papier unsere drei Wunschcampsites.
So motiviert begannen wir mit unserem Game Drive und fuhren die Wasserlöcher ab. Wir fanden eine Menge an Antilopen und dann am Wasserloch Molose eine riesige Elefantenherde.
Unser Camp war das circa 60km entfernte Bape Camp und da wir nicht zu spät unser Lager aufschlagen wollten, rollten wir weiter nach Norden.
Es war brütend heiß (40Grad), die Sonne stand über uns, wir waren im tiefen Sand unterwegs und ich bemerkte, dass die Motortemperatur leicht angestiegen war (das macht ToYo sonst nie!). Wir hatten von Val (Danke dafür Val) einen effektiven Tipp erzählt bekommen, aber es ist auch ein schrecklich heißer Tipp – man solle die Heizung auf Maximal stellen, damit die heiße Motorluft durch die Lüftung weggezogen und kühlt damit den Motor. Wir zerflossen im Auto, aber die Motortemperatur normalisierte sich (Reifendruck weiter absenken hat auch mitgeholfen). Im Camp angekommen (eine Feuerstelle unter einem Baum – mehr nicht) beschlossen wir, dass wir unbedingt duschen müssen.
Tony machte das Feuer für unseren Braai und ich begann zu duschen, aber immer mit Blick in die Kalahari, denn wir hatten viele Löwenspuren auf der sandigen Straße gesehen.
Zum Essen gab es Ziegen-„Filet“. Im Supermarkt in Tsabong gab es eine sehr überschaubare Fleischauswahl, so beschloss ich, dass wir etwas Neues ausprobieren müssen. Tony war sehr skeptisch und so wurde auch ich zum Ziegengrillmeister ernannt.
Unser Resümee zu Ziege, kann man machen – Zwiebel und Senf helfen aber 😉
Jetzt müssen wir mal langsam Klartext reden. Sicherlich ist dem ein oder anderen aufgefallen, dass wild campen keine Toilette bedeutet, deshalb hat man einen Spaten. Am Morgen wollte ich also mal testen, ob der Spaten noch funktioniert🫣 und entfernte mich circa 10m vom Auto – plötzlich ein tiefen lautes Knurren sehr nah – ich rannte um mein Leben. Wir sahen nichts, so probierte ich die andere Seite, doch wieder! Sind wir mal ganz realistisch: es war groß, kein Tier was vor mir flüchtet – da bleibt nur Leopard oder Löwe.
Nun aber schnell weg hier, denn auch heute lag eine weite Strecke durch die Central Kalahari vor uns. Die Strecke war tiefsandig und sehr zugewachsen, teilweise ging der Weg schnurgerade bis zum Horizont.
Nachdem Frühstück übernahm Tony wieder das Steuer. Er hatte eine andere Taktik als ich. Er meinte, dass er eher „über die Hindernisse fliegen wolle“ – nach einigen Kilometern fragte er mich, ob ich auch dieses Donnergrollen höre. Ich war verwundert, was nun mit ihm los ist. Plötzlich lehnte er sich aus dem Fenster und wies auch mich an meine Reifenseite zu kontrollieren. Ich schaute auch und hinten rechts hörte ich nur „pff-pff-pff“ bei jeder Umdrehung und wir saßen auf der Felge. Erste Handlung Mechanikerbier öffnen und Ausschau nach Löwen halten.
Unser erster Platten (natürlich war es unser neuer Reifen) – natürlich in der Mittagssonne mitten in der Kalahari. Positiv war, dass der Cut so groß war, das man ihn ohne Suchen erkannte und ein Flickversuch an der Reifenaußenwand nicht sinnvoll war. Unser Ersatzreifen befindet sich in der Dachbox. Wir wurden bereits öfters gefragt, wie wir den Reifen wechseln, wenn wir nur zu zweit sind – unsere Antwort war „darüber machen wir uns Gedanken, wenn es soweit sein sollte“.
Fazit – machbar und nur einer halt eine Beule am Kopf davon getragen 😉
Wir schafften es und es interessierte zum Glück auch kein Raubtier, was wir da anstellten. Und dann wollten wir nur noch ins Camp. Hier versuchten wir mit unserem Reifenflickset den Reifen notdürftig zu flicken, da noch ein beträchtliches Stück wilde Kalahari vor uns lag. Normalerweise stopft man ein Gummi-Klebe-Stift in das vorher aufgebohrte Loch. Das war bei unserem großen Loch nicht nötig und wir quetschten gleich 4! Flickstifte in das Loch.
Aktuell hält er 2,5 Bar ohne Last.
Den Sonnenuntergang schauten wir am Wasserloch. Hier gesellten sich noch eine Herde Kuhantilopen, Kudus und zwei Elefantenbullen zu uns.
Als es dunkel wurde bemerkten wir in der Ferne ein aufziehendes Gewitter. Es zog immer weiter zu uns ran und in der Nacht war es dann über uns. Es donnerte zeitweise so arg, dass es in ToYo wackelte und es kamen dicke Regentropfen runter.
Am nächsten Morgen ging es weiter nach Norden und hier stand noch ordentlich Wasser in den Pfannen. Tony hatte ordentlich Spaß daran durch die fraglich tiefen Pfützen zu fahren. In der einem entdeckten wir sogar einen Bullfrog.
Erinnert ihr euch noch an unseren letzten Aufenthalt in der Kalahari?! Nicht? Ich schon, da hatten wir uns noch genau in dieser Piper Pan festgefahren und brauchten 4h um uns zu befreien. Ich musste schon etwas die Stimme erheben um Tony abzuhalten „nur mal zu gucken“ wie unsere Schicksalsstelle jetzt so aussieht.
Stattdessen solle er sich mit Löffelhunden und Antilopen begnügen.
Ich konnte seine Aufmerksamkeit dann noch kurz für das Ansetzten des Brotteiges (sollte unser erster alleiniger Brotbackversuch werden) gewinnen.
Auch war mir heute das ganze Fahren und noch Tieren Ausschau halten etwas viel und ich drängte, dass wir doch in unser Camp fahren können. Doch Tony wollte unbedingt noch eine Runde um die Deception Pan drehen (war ich auch der Überzeugung, dass Katzen nie gern im Nassen liegen). Wir schafften es bis kurz hinter dem Viewpoint (ich betonte wiederholt, ob es nicht genüge und wir umdrehen können, sieht es nicht noch sehr nass aus). Er fuhr weiter und dann passierte es wieder – wir steckten im Schlamm fest.
Untersetzung rein – nichts, beider Sperren rein – nichts. Ich wechselte direkt in den Bergschuh und bewaffnete mich mit dem Spaten und versuchte unser Lochkante zu entfernen, doch selbst ich sank bis über die Knöchel in den Schlamm. Trotzdem waren wir motiviert es diesmal „schnell“ rauszuschaffen, da unser Differential diesmal noch frei war. Wir entschieden, dass wir hier rückwärts raus müssen, da es nach vorn nur genauso schlammig war und damit war für Tony auch die Lösung uns mit unserer Winde rauszuziehen keine Option – die ist ja schließlich vorn angebaut.
Unser nächster Bergeversuch waren die Sandbleche – nichts.
Nächster Bergeversuch – unser Exhaust Jack. Eine Art Ballon, der mit den Auspuff Abgasen aufgepumpt wird um das Auto anzuheben – ToYo hob sich an, aber dann rutschte dieser doofe Sack ständig im Schlamm weg.
Ich fragte Tony, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, dass wir irgendwie die Winde umlenken können, doch er meinte wie sollte das gehen?!
Er begann weiter wie ein Besessener zu graben und nachdem er komplett eingeschlammt war (auch an Stellen, wo die Sonne nie scheint) hatte er sich komplett aufgegeben und meinte „Spatz ich tauche jetzt unters Auto“ und war weg.
Die Sonne begann sich zu senken und ich fragte erneut ob wir nicht einfach die Winde unter dem Auto durchgezogen werden kann, denn es stand ein Okay-Baum genau hinter uns. „Nein, das darf man nicht, weil es das Windenseil beschädigen könnte“. Wir mussten einsehen, dass wir die Nacht hier im Schlammloch verbringen werden. Vor Sonnenuntergang versuchten wir Tony noch hinter dem Auto „abzukärchern“. Es war die ganze Zeit gute Stimmung, denn es wir hatten genug Diesel, Wasser und Bier. Ich kochte zum Dinner Pilzrisotto (okay aus der Verpackung), wir tranken dazu Weißwein und machten uns neue Bergeideen.
Hat uns nicht mal jemand erklärt, dass wenn kein Baum zum Rauswinden da ist, man den Ersatzreifen eingraben soll und sich an ihm auszieht? Tony war überzeugt mit einer SOS Nachricht und unseren Koordinaten die Drohne morgen früh losfliegen zu lassen.
Ob oder wie wir aus dem Schlammloch herausgekommen sind – im nächsten Blog, aber eins steht fest – Central Kalahari, never again!
Eure Schlammbewohner
Tony&Juli