Wir nahmen allen Mut zusammen und trauten uns 8:30Uhr zum Treffpunkt an der Tankstelle. Zum Verständnis, wir wussten weder die Gruppengröße noch die Gruppenzusammensetzung, noch wussten wir den genauen Reiseablauf.
An der Tankstelle angekommen formierte sich die Gruppe zügig, da das Erkennungszeichen „40kg fire wood on the roof and tank full, please“ war. Zu uns gesellten sich zwei südafrikanische Pärchen im eigenen Landcruiser. Wir waren erleichtert, dass es Locals und Overlander waren. Doch dann kam die deutsche Invasion – acht Rentalcars mit Dachzelt reihten sich ein.
Natürlich kamen die bekannten Basic-Fragen „seid ihr den ganzen Weg aus Berlin gefahren?“. Der erste Eindruck war, dass es eine sehr unterschiedliche Gruppe ist, aber alle nett – keiner maligne.
Es wurden Funkgeräte an alle verteilt und der Guide verstaute noch weitere 300l Diesel in Kanistern, da es nur eine weitere Tankstelle auf dem Weg gibt, da aber heute nur noch 200l Diesel waren. Kurz danach rollten wir auf der Salzstraße nach Norden um die Zivilisation für die nächsten sieben Tage zu verlassen.
Es gab die ganze Zeit Anweisungen über Funk – welcher Gang, Achtung ein Stein, Achtung ein Stock, Achtung Gegenverkehr – Tony und ich guckten uns nur an und dachten, das könnten lange sieben Tage werden.
Es ging zügig über die Salzstraßen und die recht vielen Kilometer des ersten Tages wurden mit einigen Stopps unterbrochen – Salzkristalle gucken, Flechten gucken, verlassenes Ölbohrloch und dann endlich der Eingang vom Skeleton Coast Nationalpark.
Wir betraten nun das Ende der Welt – hier breitet sich das pure Nichts aus…..
Es gibt noch eine letzte Tankstelle auf der Strecke in Terrace Bay, die mit den versprochenen 200l Diesel. Doch als wir anrollten, der Tankwart geweckt wurde, er dann irgendwann angeschlendert kam um uns zu sagen „Sorry, no Diesel“. Da waren wohl die Fischer und Ranger heute schneller.
Also ging es ohne tanken weiter die Küste entlang und es wurde immer sandiger, sodass schrittweise der Reifendruck abgelassen wurde. Es trennten uns nur noch 90km bis zu unserem ersten Nachtlager.
Wir errichteten das Camp am Beach zwischen kleinen Dünen und wir waren direkt beruhigt, dass es sich doch verlief und man nicht dicht an dicht stand.
ToYos Tanknadel ist nichts für schwache Nerven. Am Anfang geht sie super rapide nach unten, dann passiert ewig nichts und dann springt sie hin und her. Auf jeden Fall war unser Tank halb leer. Am Morgen stand neben jedem Auto ein 25l Kanister Diesel – klar wollten die Jungs auch hier Gewicht optimieren.
Wir guckten den Kanister an und dann uns und überlegten (schon ingenieurisch-kompliziert) wie wir den Diesel in den Tank bekommen. Doch Armand, der Guide, hatte einen „Rüttelschlauch“. Damit muss man es nicht mal mehr mit dem Mund ansaugen.
Alle schliefen super am Beach und nach einem deftigen Frühstück (zum Abend gab es Spaghetti Bolognese und zum Frühstück eine Reste-Bolognese-Variation) packten wir zusammen und der Weg führte weiter Richtung Norden.
Landschaftlich gesehen ist dieser Abschnitt sehr einsam und monoton. Das vorherrschende Wetter ruft sonst auch keine weiteren Sympathien hervor – kühl bis kalt, sehr oft nebelig, selten klar, immer windig. Doch Cramme-Adam-Reisen buchen ausschließlich mit gutem Wetter und weil wir unsere Bolognese aufgegessen hatten, wurden wir die ganze Tour mit sehr gutem Wetter belohnt. Die Guides waren auch überrascht, sonst wehe der Wind hier teilweise so stark, dass man die Autotür nicht aufbekommt.
Ich sollte noch etwas zum Namen Skeleton Coast erwähnen. Der sehr abweisende klingende Name des nördlichsten Nationalparks Namibias soll die wahrlich raue Natur in dieser urtümlichsten Landschaft der Welt beschreiben. Die sturmreiche See des Südatlantiks und die dichten Nebel des kalten Benguela Meeresstroms ließen hier unzählige Schiffe stranden. Alte verrostete Schiffswracks säumen den Küstenstreifen. Selbst wenn es den Schiffbrüchigen gelungen war das Ufer zu erreichen so waren sie am Rand der Namibwüste – menschenleer, ohne Nahrung und vorallem ohne Süßwasser.
In diesem Gebiet werden/wurden auch Diamanten und andere Edelsteine gefunden, also machten wir uns auch auf die Suche. Ich bin ja bescheiden und 2 Karat hätten mir genügt.
Dann ging es weiter landeinwärts. Die erste große Düne sollte geübt werden. Vorfahren bis zur Kante und bei ToYos langer Motorhaube guckt man da ziemlich lang ins Leere bis er dann runter kippt und im 1. Gang Untersetzung runterrollen. Es hört sich ganz bedrohlich an, wenn ToYo mit seinen mehreren Tonnen den Sand verdichtet.
Alle haben die erste Übung mit Bravour gemeistert.
Rein ging es dann ins Flussbett vom Khumib und die ersten Tiere zeigten sich, denn es gab etwas Wasser. Besonders beeindruckt mich meine Lieblings-Antilope – der Orxy. Sie sind so perfekt an diese hohen Temperaturen in der Wüste angepasst. Die Exemplare hier in der Namibwüste haben extra große Hufen um weniger in den Sand einzusinken. Sie stehen an Dünenkämmen im flirrenden Licht und schauten uns zu wie wir durch die Landschaft rumpeln.
Hier nun endlich mal wieder unnützes Wissen – ist euch die markante Gesichtsmusterung aufgefallen?! Man geht davon aus, dass diese scharfen Grenzen zwischen schwarz und weiß auch für die Hirnkühlung nützlich sind, da an den Farbübergängen die Luft unterschiedliche Temperaturen hat und es dadurch zu Verwirbelungen und somit zur weiteren Kühlung kommt.
Dann trennte uns noch eine weitere Düne von unserem Nachtlager. Der Guide Armand meinte direkt, dass uns diese Düne bis zu zwei Stunden kosten kann. Alle lachten, weil hoch war sie nun wirklich nicht.
Doch sie hatte es in sich – wenig Platz zum „Momentum“ aufbauen, tiefer Sand und eine Kurve in der Düne. Es dauerte wirklich mehr als zwei Stunden um alle Autos hochzubekommen – entweder reichte die Geschwindigkeit nicht aus, oben angekommen zu früh gefreut und festgefahren und auch der erste Reifen verweigerte die Weiterreise. Je nachdem ob man noch vor oder schon hinter der Düne war, musste die Wartezeit mit „cold beer“ überbrückt werden – Anweisung vom Guide.
ToYo meisterte es im ersten Versuch (natürlich) und war sonst bisher auch (überraschend) pflegeleicht. Doch Tony kam nicht aus seiner Rolle und lag direkt bei den Toyota Hillux unter dem Auto.
Nach „Quick and dirty“ Reparatur ging es ins Riverbed und wir schlugen das Camp auf. Guides bereiten ein Lagerfeuer, es wurde gekocht (immer sehr lecker, aber auch deftig).
Am dritten Tag hab ich Tony auf den Beifahrersitz verbannt – Girls Day. Es ging vom sicheren Riverbed direkt wieder in den Sand – 1. Stop war eine wirklich schöne Düne, die natürlich als kleiner Morgen Walk erklommen wurde.
Wusstet ihr, dass die Sandkörner auf einer Düne immer gleich groß sind, so etwas glaube ich natürlich erst nach genauer Betrachtung, wenn man das Fernglas umdreht hat man so etwas wie ein Mikroskop.
Nach einigen wilden Stone Steps ging es zurück ans Meer. Ach zur Tour muss ich vielleicht noch erklären Frühstück und Dinner wird zubereitet und um einen Mittagssnack kümmert man sich selbstständig. Ich konnte Tony bremsen im Supermarkt keinen unnötigen Quatsch, wie Zimtschnecken, Rosinenbrot und Butterkekse zu kaufen.
Es gab ein schnelles kleines Omelett, andere Tage machten wir Kaiserschmarren oder es gab auch mal eine Buchstabensuppe.
Am Meer führte uns der Weg an unzähligen Robbenkolonien entlang. Unsere Motorengeräusche verschreckten die Tiere und so waren nur noch die Jungtiere am Strand. Und die konnte man streicheln und waren dabei auch ganz entspannt.
Der weitere Weg war gesäumt mit den Überresten von gestrandeten Schiffen ab dem 16. Jahrhundert und riesigen Walknochen.
Unser Guide erzählte uns, dass einmal als ein Kind mit in der Tour war und im Dünensand gespielt hat, plötzlich mit einem menschlichen Schädel ankam und fragte, was es sei – Skeleton Coast eben.
Unser Camp schlugen wir heute wieder am Beach auf. Die Jungs probierten sich in ersten Angelversuchen. Wir beobachteten und dann wollten wir auch. Tony der alte Sack hat natürlich direkt einen rausgezogen.
Aber alle wurden nach Entfernung des Hacken wieder in die Freiheit entlassen – heute wurde nur geübt.
Fester und ich möchte sagen einziger Programmpunkt des heutigen Tages – Fishing. Ganz sicher wurde die Fishing Zeit auf ein Maximum ausgereizt, weil unsere Guides Fishing lieben. War er am ersten Tag noch geschockt, dass nur 1-2 Hobbyangler in der Gruppe waren, hatte er sich zum Ziel gesetzt uns alle zum Angeln zu bekehren.
Wir waren bei allen Schritten dabei – Köder vorbereiten (Witzig wenn man Kabeljau fangen will, kann man auch Kabeljau als Köder nehmen), Angel auswerfen (haben wir erstmal den Profis überlassen, ich hatte Angst, dass ich beim Auswerfen den Angelhacken in irgendwelchen hinter mir stehenden Leuten versenke), warten (oberste Regel nicht ans Angeln denken).
Armand ließ mich dann mit der Angel stehen und meinte, dass er gleich wiederkommen, muss sich nur ein Bier holen (ebenfalls eine Grundregel bei der Off-road Tour immer ein kaltes Bier in der Hand zu haben). Doch plötzlich zubbelte etwas an meiner Leine. Überzeugt den Fang des Tages zu machen, begann ich die Leine einzuholen. Sagen wir mal so, ich bin sehr gut im Fische füttern – Haken war sauber abgeknabbert.
Doch die anderen waren erfolgreicher. Wir nahmen die Fische noch an Ort und Stelle aus, sodass das Endergebnis 24kg Kabeljau und eine menge Spaß waren.
Unser Camp war heute ein Dünenkessel – klar erklommen wir erst einmal die Düne um genossen den Sonnenuntergang.
Über etwas bedenkliches müssen wir noch sprechen, Tony entwickelte im Rahmen dieser Gruppenreise eine Art „Platzwart-Attitude“. Anstatt sich um ToYo und mich zu kümmern, krümelte er von Auto zu Auto und sah nachdem rechten, hatte „schlaue“ Autotips (schlimm war, dass die anderen ihm vertrauten, weil er ja mal Maschinenbau studiert hat und ich hatte alle gewarnt, dass er eher Dinge „verschlimm-bessert“). Doch wenn ich ihn mal suchte saß er entweder bei einem Gin Tonic bei den Südafrikanern oder lag wieder unter einem Hilux.
Am nächsten Tag erreichten wir den nördlichsten Punkt der Tour – die Mündung des Kunene Flusses in den Atlantik und die Grenze zu Angola. Das Ende der Welt – hier gibt es nichts, keinen Strom, keine Straßen (die machen wir seit Tagen selbst), keinen Funkempfang, keine Dörfer, keine Läden oder Tankstellen.
Wir erkundeten die Gegend, hielten nur den Zeh ins Wasser aus Angst vor den Krokodilen, fanden einen Panzer einer Meeresschildkröte (Skeleton Coast eben) und es gab ein lecker Bruch am Beach.
Die Flut bestimmte unser Aufbrechen, da alle keine nassen Räder bekommen wollten oder schlimmeres. Der Rest des Tages wurde mit Dünenunterricht verbracht. Okay der Theorieunterricht hielt sich in Grenzen, es ging dafür praktisch zur Sache.
Ach und wichtig und wieder Anweisung, die die nicht an der Reihe waren „ice cold beer“.
Auf dem Weg zurück ins Camp sammelten wir noch ein paar schwarze Muscheln für das Abendessen und auch hier war Tony ganz vorn mit dabei. Wir mussten den Guide und Tony dann irgendwann stoppen, weil wir weiter wollten und zwei Eimer sicher genug waren.
Und am Nachmittag wurde noch einmal etwas geangelt. Heute wollte ich was Dickes an Land ziehen. Wir präparierten den Köder. Heute stand auf den Menü Kabeljau mit Oktopus an Sardine. Unser Menu fand schnell einen Tester. Es zuppelte wie verrückt an der Leine. Die Jungs riefen alle, dass ich die Leine einholen soll. „Ja okay, dass ist mir klar“, aber es war so verdammt schwer.
Tony musste helfen und zusammen zogen wir einen Hai aus dem Wasser.
Na klar haben wir ihn dann direkt wieder ins Meer zurück gebracht.
Nun startete der Dünentag – Wegbeschreibung am Kunene rechts rein.
ToYo und die anderen Autos schwammen durch den gelben Sand, schlingerten für Stunden durch die menschenleere Wüste. Naja nicht kontinuierlich, denn es gab unzählige Unterbrechungen immer wenn über Funk die Worte kamen „We’re stuck!“
Tony entwickelte sich auch hier zum Klassenstreber, fuhr ToYo (natürlich) nicht fest. Die Guides waren beeindruckt von ToYos Power trotz seines Gewichtes. Und dann sagten sie das schlimmst mögliche „the car is only as good as the driver“. Ihr wisst, dass das nun für mich und ToYo bedeutet, dass Tony denkt er kann alles fahren und er Motorenöl im Blut hat.
Einen Dünenbegriff muss ich noch erklären Slip-Face – plötzlich rutscht ToYo über eine Dünenkante und kippt steil nach unten – nichts für schwache Mägen. Aber ein Anblick, den man nicht vergisst – die Kulisse ist grandios. In der Ferne sieht man den Kunene Fluss und vor sich nur nach Sand. Unten sicher angekommen, funkt man für das Auto am Slip-Face durch, dass er losrollen kann, weil man es eben nicht sieht.
Der ein oder andere Reifen verweigerte erneut die Weiterfahrt, Abschleppseile wurden ausgerollt, es wurde im Sand gegraben und neue Tracks gesucht.
Da die Schatten immer länger wurden schlugen wir das Nachtlager in den Dünen auf und genossen den unglaublichen Blick in den Himmel.
Nun brach schon der letzte Tag der Tour an. Es ging zurück Richtung Norden durch das Orupembe Gebiet (für die Experten – Übergang zum Marienflussgebiet)
Der Weg wurde immer weniger sandig und wechselte in Gravel. Stopps wurden nun zum Luft aufpumpen genutzt, waren wir die letzten Tage nur mit 1bar im Reifen gefahren.
In diesem Gebiet des Landes finden sich mysteriöse Steinmännchen. Keiner weiß von wem sie sind, alle haben eine Nummer, nur Nummer 1 wurde noch nicht gefunden.
Manche haben noch einen Spruch. Ein Stony sitzt an einem toten Baum mit der Aufforderung „gib mir Wasser, dass ich es zu Nummer 1 schaffe!“, seitdem treibt der Baum wieder Blätter aus.
Armand erklärte uns noch einiges zur zunehmenden Vegetation. Take Home Message: eigentlich ist alles giftig. Außer die Welwitschia mirabilis.
Bis zu 1500 Jahre alte Exemplare gibt es. Sie haben nur zwei Blätter die ein lebenslang weiter wachsen und kommen nur an einem schmalen Küstenstreifen in der Namib vor.
Unser Ziel war heute das Dorf Puros. Hier kehrten wir im Community Camp ein und genossen eine grundreinigende Dusche und ein lecker letztes Braii in der Gruppe.
Am Morgen herrschte erste Aufbruchstimmung, Nummern wurden ausgetauscht, Verabschiedungen begannen und Sätze wie „lass dann doch mal in Deutschland treffen!“ fielen (bin gespannt…).
Tony konnte sich dann schweren Herzens auch vom Guide Armand trennen. Armand rief ihm hinterher „we will see us again in the desert!“. So nun war aber genug Worte, wir wollten zurück in unserem gewohnten Reisemodus.
Resümee
Alle die hierher kommen, haben die gängigen Highlights im südlichen Afrika schon gesehen, haben in Namibia die berühmten Sossusvlei Dünen erklommen, waren im Etosha auf Safari. Wer hierher kommt, sucht das Ende der Welt, einen magischen Ort. Hier hat sich die Natur eindrucksvolle Strategien, um sich das Überleben zu sichern, überlegt. Hier wachsen Pflanzen die so giftig sind, dass nur der Rauch beim Verbrennen Menschen tötet und die Krokodile im Kunene sind so hungrig, dass sich Menschen und Tiere kaum ans Ufer trauen.
Der Regen in dieser Region reicht nicht aus, sodass der Westwind als Nebel von der Küste Tau bringt und so etwas Leben ermöglicht.
Skeleton Coast – once a lifetime adventure.
Ob wir aus Sehnsucht zum Gruppenformat zurück gekehrt sind, oder wieder zu zweit uns den Weg suchen, lest ihr im nächsten Blog.
Eure Skeleton Coast Überlebenden
Tony&Juli