Wir waren neugierig auf ein Land, dessen Name, außer aus dem gleichnamigen Animationsfilm, nur vage Erwartungen weckt. Ist doch jedem noch der Lemurenkönig King Julien in Erinnerung.
Madagaskar ist 1,6 Mal so groß wie Deutschland, hat ca. 25 Millionen Einwohner und gehört zu den ärmsten Ländern der Welt (Es leben knapp 75% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze von unter 2 USD pro Tag).
Doch die Neugier auf die einzigartige Natur und die Menschen überwog. Wir buchten recht spontan einen Air France Flug in die Hauptstadt Antananarivo. Samstagmorgen um 6 Uhr ging es über Paris los. Als wir in der Boing Richtung Madagaskar saßen und bereits auf der Startbahn standen, kam eine Durchsage des Kapitäns: „There is a small technical issue. We have to return to the gate“. Also rollten wir erstmal zurück… Und jetzt muss ich gestehen, waren wir so müde, dass wir trotz der leicht beängstigenden Situation einschliefen. Wir wurden erst wieder wach als wir abhoben – Wird wohl nicht so schlimm gewesen sein?!
22:30 Uhr landeten wir unfallfrei in Madagaskar. (Nur ein Techniker inspizierte die linke Turbine argwöhnisch als wir über das Rollfeld ins Terminal liefen… 😱)
Am nächsten Morgen wurden wir typisch madagassisch mit einem gecancelten Weiterflug von Air Madagaskar empfangen. Hatte man uns vor der Unzuverlässigkeit und abermals technischen Defiziten bereits gewarnt, wurde es nun Wahrheit.
Aus der Informationsmail wurde nicht wirklich ersichtlich, wie es nun weiter geht. Unser Host im Hotel, ein älterer Franzose, nahm uns dann jegliche Hoffnung, als er meinte: „Manchmal fliegen die drei Tage nicht…“ – Die Alternative wären 30h Busfahrt (wenn es gut läuft) 😱
In unserer Verzweiflung liefen wir zum Flughafen (war zum Glück nicht weit), stellten uns an den Air Madagaskar Schalter und Tony versuchte mit ALL seinem Französisch “Bon jour, Mademoiselle!” und dem Vorlegen des Tickets mit einem verzweifelten Gesicht, eine Lösung zu erreichen. Die Dame tippte wild auf der Tastatur, holte erst Handy und dann Walkitalki raus. Fünf Minuten später hatten wir unsere Bordkarten für einen Direktflug nach Toliara nur zwei Stunden später als geplant in der Hand.
Mit einer Propellermaschine ging es an die südliche Westküste. Hier erwartete uns unser Guide Fano. Wir besprachen kurz pro forma unsere Route in den Norden, doch eigentlich wollte er nur die „Anzahlung“ abholen. 1,5 Millionen Ariary wurden in einem leicht muffigen Hotelzimmer über den Tisch geschoben. Aber es gab eine Quittung (handgeschrieben auf einem Schmierzettel😉).
Am nächsten Morgen ging es auf der Route Nationale 7 endlich so wirklich los. Die RN 7 führt quer durchs Land und ist mit einer Länge von 920km die Lebensader.
Wir fahren stundenlang durch flaches, wüstenartiges Land und uns wird klar, warum wir uns auf der “roten Insel” befinden. Am Straßenrand wechseln sich Dornensträucher und Kakteen ab. Unglaublicherweise leben auch hier Menschen.
Obwohl uns der Fahrer noch nicht kannte, war unser erster Stop eine Rum- ich möchte es eher Manufaktur als Fabrik nennen. In großen Tonnen wurde das Zuckerrohr handgestampft, gärte in der Sonne und wurde in einem Stahlrohr am Straßenrand destilliert.
Unser Besuch lockte das ganze Dorf auf die Straße. Wir unterstützten sie mit dem Kauf von Rum in einer Wasserflasche.
Im Dorf schienen mir alle einen sicheren Gang zu haben, was ich auf die noch vorhandene Fähigkeit des Sehens zurück führe – trotzdem lasse ich den Rum nur Tony trinken, auch weil der Geschmack sehr speziell war…
Danach ging es weiter nach Norden bis sich die Landschaft schlagartig veränderte.
Wir erreichten den Isalo Nationalpark mit seiner wild zerklüfteten Gebirgslandschaft, tiefen Schluchten und bizarren Felsformationen.
Am nächsten Morgen ging es 7 Uhr mit unserem Guide zum Natural Pool Trail. Nach einem steilen Aufstieg vorbei an Stabheuschrecken kamen wir zu einem 360 Grad Aussichtspunkt.
Nachdem wir wieder abgestiegen waren, fanden wir inmitten der Dürre der Trockenzeit zu einer kleinen Oase, die wir für uns hatten.
Nach dieser Abkühlung ging es bei madagassisch kühlen 30 Grad (schließlich ist gerade Südwinter😉) über ein Hochplateau rein in den tiefen Canyon.
Plötzlich raschelte es in den Baumwipfeln über uns. Glaubt es oder nicht, aber ich hörte den Song „I like to move it, move it“… Die ersten Katta Lemuren.
Doch wir fanden noch keinen mit einer Krone, also machten wir am nächsten Tag einen Stop im Anja Community Reserve („Katta Camp“). Ein erfolgreiches Projekt bei der die einheimische Bevölkerung mit der Natur im Einklang lebt.
Tagesablauf eines Katta:
– 5:30-8:30 munter werden und auf zum Sonnenbad – in typische Sitzhaltung mit aufrechtem Oberkörper, gespreizten Beinen und auf die Oberschenkel gestützten Armen
– Bis zur Mittagszeit erfolgt die Nahrungsaufnahme
– Mittagsruhe, die bis zu vier Stunden gehen kann
– Erneute Nahrungssuche von Früchten und Blättern
– 18:30 Aufsuchen des Schlafplatzes
Es dauerte nicht lange, da tummelten sich die ersten Kattas vor uns. Wir gehörten zu den Glückspilzen, die eines der ersten Babys der Saison beobachten konnten.
Wir kletterten über die riesigen Felsen vorbei an den Schlafplätzen der Kattas. Und da in der Ferne glaube ich King Julien mit seiner Krone erkannt zu haben.
Dann schlängelte sich die Straße weiter nach Norden und mit passieren des „Bischofshut“ oder „Gate de sur“ verließen wir den rauen Süden.
Der Weg führte uns vorbei an winkenden Kindern, kleinen Ständen und Reisfeldern
in den Ranomafana Nationalpark – dicht mit immergrünem Regenwald bewachsen und einer Fläche von 41.000 ha.
Mit Moskitospray und Fernglas brachen wir gewohnt um 7 Uhr in den Regenwald auf. Wir waren unterwegs mit einem Guide und einem Scouter. Hatte ich an ureinwohner ähnliche Laute zur Verständigung zwischen den beiden geglaubt, klingelte ganz einfach das Handy in der Hosentasche bei Sichtung eines Tieres. Aber damit konnte ich leben, denn das Handy klingelte oft.
Der Park ist für seine Flora und Fauna bekannt und so fanden wir auch hier die berühmtesten Vertreter des Landes – die Lemuren.
Unnützes Lemuren Wissen:
Lemuren gehören wie wir zu den Primaten, jedoch zu den Feuchtnasenprimaten (Wer hat sich jetzt selbst an die Nase gefasst?!). Die feuchte Nase verhilft Ihnen zu einem besseren Geruchssinn.
Zurück zu den krächzenden Bäumen – Wir fanden hier den selten Golden Bambuslemur, den schwarzweißen Vari und den weißschwarzen Sifaka. Sie sprangen durch die Bäume und kraulten einander – das war so putzig, dass man sich am liebsten ein oder zwei Äffchen einstecken wollte!
Nach der Wanderung erholten wir uns in der dorfeigenen Thermalquelle. Obwohl es im Reiseführer zu finden war, waren wir die beiden einzigen weniger stark pigmentierten! Vielleicht war der „normale“ Tourist von der leichten Radioaktivität des Wassers abgeschreckt. Gemessen an der Vielzahl der Kinder, die mit uns badeten, wirkte es aber trotzdem wie ein sehr fruchtbares Dorf.
Die nahe Lage zum Äquator und damit verbundene zeitige Sonnenuntergang ermöglichte den Start einer Nachtwanderung bereits 17:30 Uhr. Das Highlight war der Mausmaki, nur 45 Gramm schwer und so hätte er sich auch in einer Hemdtasche verstecken können.
Dazwischen fanden wir vier Arten von Chameleons und die Frösche sorgten für die entsprechende Geräuschkulisse.
Am nächsten Tag fuhren wir durch das Hochplateau entlang zahlreicher Dörfer. Am Straßenrand stellte uns unser Guide und den neugierigen Kindern ein paar Rätsel.
Lange nicht mehr mit ein paar Stöckchen und einer Erdnussschale so viel glückliche Gesichter gesehen.
Den Abend verbrauchten wir in Antsirabe, der drittgrößten Stadt des Landes und für uns hauptsächlich um uns mit Bargeld für den wilden Westen einzudecken. So brauchten wir mal 2 Millionen Ariary (Auszahlung nur in 10.000er Scheinen, maximal 400.000) bis unsere Visa Karte wieder Angst hatte, dass sie vielleicht gestohlen war und dicht machte. 😜
Da Samstag war schlenderten wir wie alle Locals auch über den Markt. Wir naschten ein paar Kleinigkeiten und deckten uns mit der lokalen Chilli Sauce ein, die es echt in sich hat…
Auf dem Weg in den Westen machten wir noch halt am Vulkansee Tritriva.
Hier hat Tony wieder aktiv versucht die Reisegruppe dauerhaft zu verlassen. Sah er einen vorstehenden Fels an der Klippe, wollte er runterspringen. Der Guide wirkte leicht verängstigt, hielt ihn aber nicht ab. Es sei ungefähr 20m hoch und der See ist überall sehr tief.
Es spritzte ziemlich, aber er tauchte wieder auf. Erst danach erzählte uns der Guide, dass vor einigen Jahren schon mal ein Israeli im See versunken war. 😱
Nach diesem Erlenis erreichten wir heute das Städtchen Miandrivazo, hier verabschiedeten wir unseren Fahrer und wechseln vom 4×4 Jeep auf eine Pirogue (Einbaumboot).
Ob wir die Flussfahrt auf dem Tsiribihina überstanden haben oder doch den Krokodilen zum Opfer gefallen sind, gibt es dann hoffentlich im nächsten Blog.
Ahoi
Tony & Juli
PS: Die Leiden des jungen Tony erspare ich euch mal, die ganze erste Woche litt er unter einem schlimmen Männerschnupfen😜