Kennt ihr auch diese verrückten unvorbereiteten Möchtegern-Flachland-Wanderer, die sich aus einer Laune heraus überlegen den höchsten freistehenden Berg der Welt zu besteigen?! Ja kennt ihr – nämlich uns!
Wir flogen über Frankfurt nach Addis Abeba direkt nach Kilimandscharo Airport rund 350km südlich des Äquators. Einen Tag später konnte unser Abenteuer mit geliehen Schlafsäcken (weil wir Schönwetter-Reisenden natürlich keine Schlafsäcke besitzen, die für Minusgrade geeignet sind) beginnen!
1. Tag
Wir sollten 9 Uhr vom Hotel abgeholt werden. Wie es sich gehört, waren wir zehn Minuten eher startklar. Es vergingen 10min, 20min und langsam wurden wir etwas unruhig. Hatten wir doch am Vortag dem Chef der afrikanischen Reiseagentur den Reisepreis in bar an der Hotelbar und ohne Quittung über den Tisch geschoben. Ist hier wohl so!
Als es dann 9:30 war und immer noch niemand in Sicht war, versuchte der Rezeptionist die Agentur erfolglos zu erreichen. Wir sahen den Berg und unser Geld schon verloren, als dann 9:45 unsere beiden Guides gemütlich um die Ecke kamen – „Hakuna matata“ eben! Habe ich immer gedacht, dass das nur Timon und Pumbaa aus König der Löwen sagen, lag ich wohl falsch!
Der nächste Schock war, als wir in den Bus einstiegen – 13 Afrikaner begrüßten uns mit einem freundlichen „Jambo!“ und meinten, sie seien unser Team! Dachten wir noch, dass wir in einen öffentlichen Bus gestolpert waren, war das ihr Ernst! Der Guide beruhigte uns damit, das der Fahrer ja unten bleibt 😉
Los ging es zum Machame Gate auf 1800m. Schnell Gepäck verteilt und dann startete die Tour quer durch den Regenwald.
Wer jetzt belanglose Berginformationen erwartet, liegt falsch. Erst einmal unnützes Malaria-Wissen: Die gemeine Anopheles Mücke nimmt sich ebenfalls keine Zeit für eine Höhenakklimatisierung und ist nur unter 2500 Höhenmeter aktiv. Also konnte ich bereits zum Lunch aufhören mit dem Insektenspray auf alles was sich bewegt loszugehen.
Gegen 16 Uhr erreichten wir das Camp auf 2900m. Zivilisiert wie man am Anfang eines Abenteuers noch ist, wuschen wir uns bestmöglich in einer 15cm Durchmesser Schüssel mit Kernseife.
2. Tag
6:30 Uhr wurden wir mit einem beherzten Wackeln am Zelt geweckt und nach dem morgendlichen Gesundheitscheck (inklusive waren Befindlichkeitsskala, letzte Pipi, Sauerstoffsättigung und Lunge abhorchen) wackelten wir gegen 8 Uhr los. Es ging steil und steinig bergauf!
Unser nächstes Camp befand sich auf 3850m und die Pyjama Hose wich der Skiunterwäsche!
3. Tag
Nicht dass ihr denkt, das ist ein Erholungsurlaub – wieder 6:30 Uhr Zeltrütteln! Tony wachte leicht geschwächt auf. Gern möchte ich sagen, dass er nachts so oft raus wollte, weil die Milchstraße so unglaublich gut zu sehen war, aber es gab wohl doch noch einen anderen Grund. Er besuchte öfter das WC jedoch leider ohne W 🙁
Jetzt ist vielleicht der richtige Moment um ein Wort zu den sanitären Anlagen zu verlieren:
So und teilweise noch wesentlich schlimmer war der Toilettenbesuch ohne Wasser und Strom sieben abenteuerliche Tage 😉
Dafür war die Aussicht aber meist sensationell:
Nachdem ICH gefrühstückt hatte, ging es los. Wir näherten uns ganz gemächlich dem Lava Tower auf 4600m.
Dieser Vormittagsspaziergang war sehr angenehm. Mir kam es dann nur etwas komisch vor, als Tony mich mehrfach nett darum bat, doch einfach mal die Klappe zu halten. Ihm ging es allen Anschein nach nicht so gut wie mir. Besorgt wie ich bin, drehte ich mich immer wieder zu ihm um und da kam es wie es kommen musste – ich stolperte über einen Stein und ging zu Boden!
Ich riss mir kurz die Hautfetzen von den offenen Stellen und mit Wasser und Hautdesinfektion ausgespült ging es tapfer weiter!
So waren alle Beteiligten froh, als wir gegen 15 Uhr im Barranco Camp auf 3950m ankamen. An diesem Tag glaubte sicher niemand, dass wir je den Gipfel erreichen würden, der eine mit Magen-Darm Problemen, die andere eine unsichere Geherin! Der Tiefpunkt war als Tony mitten im Briefing für den nächsten Tag stürmisch das Zelt verlassen musste um sich zu übergeben…
4. Tag
So angeschlagen ließ man uns bis 7 Uhr schlafen und dann ging es „The breakfast wall“ hoch. Ein netter Spaziergang nach dem Frühstück – 40% Steigung und 257 Höhenmeter! Der ambitionierte Asiate hatte immer noch die Wanderstöcke bereit, merkte dann aber schnell, dass die gerade unangebracht sind, weil man beide Hände zum Klettern brauchte! Unser Guide hatte komischerweise wieder Vertrauen in uns gefasst und es ging der Porter in ihm durch. Wir nahmen die Porterroute – bedeutet den Touri-Trampelpfad am Berg verlassen und mit sicherem Zweipunktgriff nah am Abgrund entlang den Felsen hochgeklettert. Sorry Mutti, aber ich wusste auch nicht was ich da tat!
Zum Lunch waren wir im Karanga Camp angekommen und haben erstmal die Füße hochgelegt auf 3990m. Da alles Übel offensichtlich am Vorabend Tonys Körper verlassen hatte, konnten wir den Ausblick über die Wolken auch wirklich genießen.
5. Tag
Es ging zum letzten Basecamp. Genug mit Akklimatisierung nach dem Motto „Climb high, sleep low“. Es ging steil rauf auf 4600m und von da gab es auch kein Zurück mehr.
Wir schlugen das Lager auf und nach einem frühen Dinner gingen wir 18 Uhr ins Bett.
6. Tag – Summit Day
0:12 Uhr standen wir mit Stirnlampe bewaffnet bereit für den Aufstieg. Eine Lichterschlage quälte sich schon den Berg hoch. Da trotz Skisocke die Zehen nicht spürbar waren, hatten wir nichts dagegen das Tempo etwas zu erhöhen und so schlugen wir uns an den meisten anderen Gruppen vorbei.
Unser Guide hatte 6-7 Stunden auf den Aufstieg veranschlagt. Und so ging es monoton bergauf: „Rechter Fuß, linker Fuß“. Diese Idylle wurde nur vom Hecheln, Japsen und vom entfernten Würgen der anderen Wanderer unterbrochen, die wir überholten.
Plötzlich meinte unser Guide: „Noch zehn Minuten bis zum Stella Point (5756m)“. Da sollten wir doch eigentlich erst zum Sonnenaufgang gegen 6 Uhr sein, doch jetzt war es erst halb 5?! Ich war überzeugt es handele sich um afrikanische Minuten… 😉
Doch dann sahen wir:
Was nun? Waren wir so schnell? Aber vorallem was machen wir in dieser Kälte bis die Sonne aufgeht?! Auf einem Berggipfel ein windgeschütztes Örtchen zu finden ist schließlich relativ schwierig. So gingen wir langsam die letzten 139 Höhenmeter zum Uhuru Peak. Doch es war bitterkalt – trotz untenrum 3 Schichten und obenrum 5 Schichten!
Nach einer gefühlten Ewigkeit dämmerte es dann und wir wurden mit einem unvergesslichen Sonnenaufgang über den Wolken entschädigt.
Und natürlich haben wir auch das obligatorisch Gipfelbild als eine der ersten Gruppen an diesem Tag gemacht.
Dann hieß es bloß schnell wieder runter und es ging von 5895m auf 3100m. Durch die Lavaasche, durch die wir absteigen mussten und einfach die nicht enden wollende Strecke, sank die Laune etwas ab! Doch als man dann im Camp endlich die Füße hoch legen konnte, war es wirklich ein gutes Gefühl.
7. Tag
Es hieß noch einmal zeitig aufstehen, doch es fiel sehr leicht, weil die lang ersehnte Dusche seit sechs Tagen immer näher rückte. So tanzten wir noch eine Runde mit unseren Boys und dann ging es nochmal 10km durch den Regenwald bis auf 1700m runter.
Was bleibt nun am Ende? Eine anspruchsvolle Besteigung der Kaiser-Wilhelm-Spitze (Name des Kilimandscharo von 1902 bis 1964), die wir physisch aber locker weggesteckt haben und ein unvergesslicher Sonnenaufgang auf dem Dach Afrikas. Man hat mal wieder gezeigt bekommen, wie wenig man benötigt um glücklich zu sein und wie gut man es zuhause hat mit all dem Luxus, wie einer Wasserspülung 😉
Ob wir die „Seven Summits“ voll machen werden, ist noch ungewiss! Aber wenn, dann wird es hier wieder spannend!
Jetzt heißt es erst einmal ab in die Wildnis – Safari in Tansanias Nationalparks!
Tony hat aber auch immer Händchen dafür hmm?! 😉 Toller Bericht Süße! :*
Nee, Marlen. Das kommt dir nur so vor. Wenn andere Reiseteilnehmer mal solche Problemchen haben, wird das nur nicht im Blog thematisiert 😉
Herzlichen Glückwunsch zum Ersten Gipfel ihr zwei!
Viele Grüße von der Ostsee und noch einen schönen Urlaub…
Sehr lässig. Bin auch am überlegen den nächstes Jahr zu machen. allerdings hätte ich nur 10 Tage Zeit. und irgendwie ist es schade, wenn man nicht dort bleibt und direkt weiterreist… hmmm…