1001 Nacht – Marrakesch

Es galt unsere restlichen Urlaubstage des Jahres 2018 in die Welt zu bringen. Wir, also vielleicht ich, wollten in den Orient.

Ich buchte einen Flug nach Casablanca und hatte irgendwie ein romantisches Bild vor Augen. Doch die Realität zeigte sich ganz anders…

Wir kamen im nächtlichen Casablanca an und fuhren mit einem Taxi in die Medina, die Altstadt. Dort holte uns ein Junge des Hostels ab und wir liefen ihm ahnungslos in kleinen, dunklen, versifften und verlassenen Gassen hinterher.

Es wurde uns erklärt, dass unser privates Zimmer wegen eines Surfunfalls benötigt würde und wir eine Nacht im Wohnzimmer der Familie schlafen sollten – ein Vorhang wurde zur Seite geschoben und wir legten uns neben zwei anderen bereits schlafenden Gäste.

Ich schlief super. Tony wird wahrscheinlich doch langsam alt, war er doch von dieser Situation leicht verschreckt 🤪

Am Morgen erkundeten wir die Medina und suchten den Charme einer mittelalterlichen Stadt leider vergebens. Vielmehr kämpfen wir uns den Weg durch Matsch und Müllberge zwischen den kleinen Händlern.

Unterwegs – Casablanca

Wir versuchten es mit etwas Kultur und besichtigten die Hassan II Moschee – eine der größten Moscheen der Welt auf einem Vorsprung direkt am Meer.

Direkt am Meer – Casablanca

Das Minarett ist 210 Meter hoch und das höchste religiöse Gebäude der Welt und kann 25.000 Muslime aufnehmen.

Riesig groß – Casablanca

Kurz danach bekamen wir zu spüren, wo der ganze Matsch herkam als sich plötzlich ein Platzregen über uns ergoss.

Als wir nicht mehr tropften bemerkten wir, dass sich Hunger in uns regte. Wir wurden von den kleinen Tongefäßen angelockt. Überall werden die typischen Tajines serviert – ein aus Lehm gebranntes Schmorgefäß mit Deckel, in dem die Gerichte gekocht und auch serviert werden.

Lecker – Casablanca

Am nächsten Morgen ging es mit dem Zug ins Landeinnere zu unserem eigentlich Ziel – Marrakesch.

Eigentlich ist die ganze Stadt eine riesige Sehenswürdigkeit. Kleine verwinkelte Gassen, Mosaiktore und nostalgische Fassaden und überall diese wunderschönen Fliesen! Sofort waren wir verliebt.

Unterwegs – Marrakesch

Ein Drittel unserer Bilder zeigt irgendwelche Hausfassaden. Also hieß unser Motto – planlos rumtingeln! Und vielleicht auch verlaufen, denn so entdeckt man bekanntlich die schönsten Ecken.

Unterwegs – Marrakesch

Ich buchte uns ein Riad in der Medina. Ein Riad heißt übersetzt „Garten mit Bäumen“ und bezeichnet in Marokko ein traditionelles städtisches Wohnhaus mit begrüntem Innenhof.

Unser Riad – Marrakesch

Wir fühlten uns direkt wohl und wurden herzlichst umsorgt.

Dann erkundeten wir die Medina. Etwas Orientierung verschaffte das 77m hohe Minarett der Koutoubia-Moschee aus dem mittleren 12. Jahrhundert, das weit über die Dächer von Marrakesch aufragte und als Wahrzeichen der Stadt gilt.

An der Moschee – Marrakesch

Die Souks spiegeln das Leben in der Medina wieder und sind ein Erlebnis für die Sinne. Leuchtende Farben von den zahlreichen Stoffen der Färber, handgefertigte Ledertaschen, Schuhe und Schmuck, orientalische Gewürze und Tees – komplette Reizüberflutung.

Unterwegs – Marrakesch

Unterwegs – Marrakesch

Am frühen Abend fanden wir uns am Djemaa el Fna – Platz der Geköpften, dem Mittelpunkt der Medina ein.
Abends verwandelt sich der Platz zu einem riesigen „Open-Air-Restaurant“ mit allen traditionellen Speisen. Tagsüber tummeln sich hier Schlangenbeschwörer, Wahrsager, Orangensaft-Stände und Henna-Malerinnen.

Schlangenbeschwörer – Marrakesch

Tony ging direkt wieder dem ersten Kellner oder eher Menschenfänger in die Falle. Es wurden ein Mix aus Grillspießen, marokkanischer Salat (der sich als nur Tomate mit Zwiebel herausstelle), Lamm und Brot aufgetischt.

Lecker essen – Marrakesch

Am nächsten Tag flanierten wir in dem Garten von Yves Saint Laurent.

Unterwegs – Marrakesch

Der „blaue Garten“ wurde 1923 von dem französischen Maler Majorelle angelegt und in den Achtzigern von dem Modedesigner Yves Saint Laurent aufgekauft. Highlight des Gartens ist das auffällige Blau, welches in jeder Ecke zu finden ist.

Sehr idyllisch – Marrakesch

Jedoch kam ich mir ziemlich „nackt“ vor unter den YSL tragenden Französinnen.

An der Wand – Marrakesch

Dann zog es uns wieder in die Medina zu den Saadier Gräbern – UNESCO-Weltkulturerbe und eine der Top-Sehenswürdigkeiten. Auch hier sind überall tolle Mosaike und wunderschöne Gärten zu finden. Trotzdem fühlt man sich zwischen Gräbern nicht so ganz wohl, weshalb unser Besuch auch nur ganz kurz war.

Grabeshalle – Marrakesch

Die verwinkelten Gassen der Souks zogen uns magisch an. Wir waren verloren zwischen Türmen aus Gewürzen, den riesigen Teppichlagern, den Läden mit Silber-Schmuck und denen mit echtem Silber-Schmuck.

In den Souks – Marrakesch

Je länger und tiefer wir in den Souks unterwegs waren, umso mehr verspürte ich den Drang etwas zu kaufen. Stehe ich doch eher auf klare Linien und schnörkelloses Design, wollte ich plötzlich goldene Lampen, buntes Geschirr oder einen goldbestickten Kaftan mit passenden Schuhen haben. Das orientalische Fieber hatte mich gepackt…

In den Souks – Marrakesch

Memo an alle Mädels: Unbedingt ohne rational denkenden Freund anreisen! Ich denke immer noch, dass man für ein türkises Hammamtuch eine Verwendung gefunden hätte!

In den Souks – Marrakesch

So setzte ich nur den Kauf einer kleinen Handtasche durch. Und los ging es:

„Beautiful lady, have a look! I give you good price! Good price for bags! Look, beautiful bags for beautiful lady!“
Wurde man von den Verkäufern regelrecht angebrüllt. Mein vermeintliches Desinteresse verkündigte ich mit
„No, thank you. I’m just looking.“

Unterwegs – Marrakesch

Beiläufig erkundigte ich mich nach dem Preis, der natürlich viel zu hoch war – 400 Dirham (36€)!
Ich stieg knallhart bei 100 Dirham ein. Dann begann das zähne und langwierige Verhandeln. Es wurde die Qualität des echten Ziegenleders demonstriert, indem die Tasche über eine offene Flamme gehalten wurde und die Handarbeit betont.
Ich blieb bei 100 Dirham betonte meine missliche finanzielle Situation und er kam mir mit 200 Dirham Rabatt für blonde Frauen entgegen.

Doch ich wollte mehr – also weniger. Er wurde schon etwas aufgebracht und eine Zornesfalte zeigte sich auf seiner Stirn.

Mein letztes Angebot war 150 Dirham. Er zeigte kein Einlenken und dann zog ich die Karte des Weggehens und entfernte mich mit „Sorry, non merci“.
Das erste Hinterherrufen mit „Mademoiselle“ ignorierte ich und so rannte er mir hinterher, drückte mir die Tasche pampig in die Hand und plötzlich war der Preis 150 Dirham (13€)!

– Es heißt, du hast zu gut gefeilscht, wenn der Händler dir am Ende wütend die Ware entgegenschleudert – ich war glaube recht gut! –

In den Souks – Marrakesch

Nach all dem Rumlaufen hatten wir uns eine Entspannung verdient. Wir wollten ins Hammam gehen, ein orientalisches Badehaus. Jedes Quartier hat hier ein Hammam, doch herrscht dort strenge Geschlechtertrennung – sogar mit eigenen Öffnungszeiten. Es gibt jedoch eine Touristenversion als privates Hammam.
So begann unser Hammamabenteuer als uns eine kräftige Berberfrau in den Steamerraum führte, uns den Schwamm mit der schwarzen Olivenseife zeigte und uns instruierte wie man sich damit abschrubben sollte.

Hammam – Marrakesch

Denn beim Hamam geht es darum, abgestorbene Haut zu entfernen, um wieder schöne, glatte Haut zu haben. Der Schwamm / Handschuh sah zwar eher aus, als würden wir uns fremde, alte Haut auf unsere rubbeln, aber ok…

Wir waren froh, dass wir allein waren denn unser laienhafte Abrubbeltechnik und Hilflosigkeit hätte sicher zur Belustigung anderer beigetragen.
So fielen wir dann erholt und mit babyglatter Haut in den 1001 Nacht-Schlaf.

Am nächsten Morgen machten wir uns auf zum Le Jardin Secret. Hinter einer unscheinbaren roten Mauern fanden wir eine wundervolle Oase der Ruhe. Im 16. Jahrhundert residierte der Sultan hier zwischen Federgras und Wassergeplätscher.

Secret Garden – Marrakesch

Es hungerte uns ein wenig und so zogen wir durch die Gassen und waren auf der Suche nach Non-touristic-Food. Drei falsche Abbiegungen und eine Sackgasse später, fanden wir uns in der Fleischereiecke wieder und wir erspähten die Lammtöpfe.

Lecker Tanjia – Marrakesch

Tanjia – die besondere Spezialität Marrakeschs. Lammfleisch, eingelegte Zitrone, Safran, Knoblauch und Ras El-Hanout Gewürzmischung werden in einer Tonamphore vermengt und im Holzofen für Stunden gegart.

War es so lecker, dass wir noch einen zweiten Topf bestellt haben? Vielleicht 😉

Nachdem ich meine Verhandlungskünste unter Beweis gestellt hatte, sollte nun Tony zeigen, was er von mir gelernt hat. Überzeugt mit den Worten „Ich werde jetzt hart verhandeln“, fragte er den Obstverkäufer nach dem Preis für einen Granatapfel. Der wog ihn und sagte: „6 Dirham, Missieur“ (60 Cent).
Tony darauf knallhart: „Okay“ 🤦🏼‍♀️

Nur am Essen – Marrakesch

Farbige Mosaike und Souks, die Flötenklänge der Schlangenbeschwörer und der Geschmack von Datteln und Minztee – das war Marrakesch für uns. Nachdem wir aber auch die Medina von Casablanca gesehen hatten, wussten wir das Marrakesch die herausgeputzte Version des Orients ist.

So das war es für dieses Jahr!

Juli

Ein Kommentar zu “1001 Nacht – Marrakesch

  1. Tolle Geschichte und gutes Verhandlungsgeschick!

    Katja meinte, sie will auch so eine Tasche 🙈, also kannst du mich gerne mal coachen, bevor wir mal dort sind. 😉

    LG k+e+R ✌️

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.